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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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276 Doris Unger<br />

psychischen Konsequenzen beim Opfer zu schließen. Das heißt, auch der<br />

Zusammenhang zwischen Äußerung und psychischer Verletzung ist ohne<br />

weiteres Kriterium nicht hinreichend eindeutig.<br />

Besonders unsicher sind die sozialen Auswirkungen konkreter Äußerungen<br />

von hate speech. Zwar kann es durchaus sein, dass die Feindlichkeit gegenüber<br />

einer bestimmten Gruppe in einer Gesellschaft durch Symbole und das<br />

vermehrte Auftreten von physischer Gewalt offensichtlich wird, aber diese<br />

Umstände sind kaum in einen direkten Zusammenhang mit einer einzelnen,<br />

konkreten Äußerung von hate speech zu bringen. Einzelne Äußerungen tragen<br />

zwar zu den sozialen Umständen bei, aber ohne eine gewisse Menge von<br />

Äußerungen und ihre Akzeptanz bei einem Teil der Bevölkerung gäbe es die<br />

sozialen Auswirkungen nicht (vgl. Cohen 1993, 231):<br />

General hate speech – for example, a learned address by an educated bigot<br />

explaining why blacks or Jews cannot advance beyond a certain point – ordinarily<br />

does not cause immediate damage, even if overheard by one who understands<br />

that the passage is about him or her. The harm is long-term, as society<br />

internalizes and later acts on the message, for example by adopting immigration<br />

rules aimed at keeping the group out of the country. (Delgado/Stefancic<br />

2004, 12)<br />

Es ist daher kaum zu legitimieren, ein Individuum auf der Grundlage eines<br />

einzelnen Beitrags zum gesellschaftlichen Klima zu sanktionieren. 26<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es nicht legitim ist, alle Äußerungen<br />

zu regulieren, die Kosten verursachen, dass der Umfang legitimer Äußerungen<br />

allerdings um die Aufstachelung zu Straftaten reduziert werden kann.<br />

Wegen des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Äußerung und krimineller<br />

Handlung und der eindeutig entstehenden und vermeidbaren Kosten<br />

sollten Äußerungen, die diese Kosten erzeugen, verboten sein. Eine weitere<br />

Beschränkung des Rechts auf freie Meinungsäußerung aufgrund der Höhe<br />

der dadurch verursachten Kosten kann ohne weitere Kriterien jedoch nicht<br />

begründet werden.<br />

Im nächsten Abschnitt soll diskutiert werden, inwiefern es legitim sein<br />

kann, den Umfang erlaubter Meinungsäußerungen weiter einzuschränken.<br />

Das Phänomen hate speech ist nicht einfach deshalb relevant, weil es Kosten<br />

verursacht, sondern weil ganz bestimmte Arten von Inhalten geäußert werden.<br />

Der folgende Abschnitt beschäftigt sich deshalb mit der Regulierung auf<br />

der Grundlage dieses Inhalts.<br />

26<br />

Diese Beurteilung kann sich unter Umständen ändern, wenn die systematische<br />

Verbreitung von Hass – wie durch Hassprediger oder rechtsextreme Gruppierungen<br />

– zur Diskussion steht.

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