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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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Kriterien zur Einschränkung von hate speech 275<br />

Leben von einzelnen Gesellschaftsmitgliedern stark beeinflussen. Allerdings<br />

gilt auch hier, dass ohne ein weiteres Kriterium, nach dem wir unterscheiden<br />

können, ob die Meinungen illegitim sind, kein Verbot ausgesprochen werden<br />

kann. Es können nicht alle Meinungen verboten werden, die irgendwelche<br />

negativen Konsequenzen für das Leben von Individuen nach sich ziehen<br />

könnten. Die Frage muss vielmehr sein, ob der degradierende Inhalt von hate<br />

speech prinzipiell abzulehnen ist und ob dies ein Verbot solcher Äußerungen<br />

legitimieren kann.<br />

b) Der Zusammenhang zwischen Äußerung und Kosten: Die Beschränkung<br />

auf ein Verbot von zur Gewalt anstiftenden Äußerungen hat den entscheidenden<br />

Vorteil, dass die zu beschränkende Klasse von Äußerungen relativ<br />

eindeutig abgrenzbar und der Zusammenhang zwischen Äußerung und Folgen<br />

vergleichsweise nachvollziehbar ist. Das liegt nicht zuletzt darin begründet,<br />

dass die kriminelle Handlung, zu der aufgestachelt wird, eindeutig<br />

nachweisbar ist. 24<br />

Selbst die US-amerikanische Rechtsprechung erkennt diesen Zusammenhang<br />

als hinreichend für eine Einschränkung der Redefreiheit an. Äußerungen<br />

dürfen rechtlich sanktioniert werden, „wenn sie zu der klaren und gegenwärtigen<br />

Gefahr eines illegalen Aktes führen oder wenn die Äußerung in<br />

der konkreten Situation den Umschlag von Wort zu Tätlichkeit erwarten läßt<br />

(‚fighting words‘)“ (Brugger 2003, 392). 25 Es sollen allerdings nicht alle<br />

Äußerungen verboten werden, die Zustimmung zu gewalttätigen oder illegalen<br />

Handlungen ausdrücken, sondern nur solche, die direkt darauf abzielen<br />

und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch dazu in der Lage sind (vgl.<br />

Brugger 2003, 392).<br />

Auch der Zusammenhang zwischen Äußerung und psychischer Verletzung<br />

kann zwar ausreichend hoch sein; zumeist ist es aber erst die Wiederholung<br />

der betreffenden Äußerungen, die eine Schädigung mit sich bringt. Eine<br />

Äußerung hat außerdem verschiedene Wirkungen auf unterschiedliche Personen,<br />

so dass es nicht möglich ist, von einer bestimmten Äußerung auf ihre<br />

24<br />

25<br />

Der Zusammenhang zwischen Äußerung und Tat ist für Mill ein entscheidender<br />

Faktor (vgl. Mill 1977, Fußnote 1; Sumner 2000, 146-147). Auch nach Mill sollte<br />

das Ziel des Staates nicht nur sein, bestimmte Handlungen zu sanktionieren,<br />

nachdem sie begangen wurden, sondern solche Taten im Vorfeld zu verhindern.<br />

Aus diesem Grund muss die Wahrscheinlichkeit von Zusammenhängen in der<br />

Praxis durchaus eine Rolle spielen.<br />

Ob eine einzelne Äußerung dieses Kriterium erfüllt, ist allerdings hochgradig von<br />

ihrer Interpretation abhängig. Das Kriterium „clear and present danger“ ist<br />

deshalb in den USA heftig kritisiert und diskutiert worden.

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