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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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152 Monika Schwarz-Friesel<br />

(5) Die Israelis sind und bleiben […] die größten Rassisten, Kriegsverbrecher,<br />

Kriegstreiber, Mörder, Kindermörder, Menschenrechtsverletzer, Völkerrechtsverletzer,<br />

Folterer, Räuber und Diebe, Nazis, Lügner, Terroristen […]<br />

die Welt hasst sie. Irgendwann eskaliert dieser Hass siehe unter II Weltkrieg.<br />

Aber diesmal ist der Hass berechtigt. (IBD_04.12.2007_Dro_001)<br />

In den nicht enden wollenden Aufzählungen diffamierender Wörter mit der<br />

Absicht, den bzw. die Rezipienten zu beleidigen und zu entwerten, wird die<br />

obsessive Komponente des Hasses sichtbar. Der Sprachproduzent (ein im<br />

Korpus durch Namen und Anschrift identifizierter Mehrfach-Schreiber) von<br />

(5) reiht reflexhaft und scheinbar unkontrolliert über eine Seite lang (im Original<br />

untereinander) Schimpfwörter auf. Dies entspricht seinem offensichtlichen<br />

Bedürfnis, Israelis als Juden besonders nachhaltig und intensiv als abgrundtief<br />

böse Geschöpfe darzustellen und zugleich seiner Absicht, dies auch<br />

in aller Deutlichkeit auszudrücken. Signifikant ist, dass nach den Diskriminierungen<br />

zum einen die universale Generalisierung der Produzentenmeinung<br />

(die welt hasst sie) und zum anderen die Rechtfertigung für die emotionale<br />

Einstellung (diesmal ist der Hass berechtigt) erfolgt.<br />

In den meisten Briefen und E-Mails finden sich solche Generalisierungen<br />

in Form von All-Aussagen (vgl. hierzu auch die Variante in Text (6)). Dadurch<br />

positioniert sich der Verfasser als Vertreter einer breiten Mehrheit, die<br />

Juden aufgrund ihrer unterstellten Verderbtheit geradezu hassen muss. Der<br />

Hass wird so als legitim kodiert, als reaktive Notwendigkeit bzw. naturgegebene<br />

Zwangsläufigkeit.<br />

Ein typisches Kennzeichen im aktuellen Verbal-Antisemitismus ist die<br />

konzeptuelle Gleichsetzung von Juden und Israelis, zumeist gekoppelt an den<br />

Transfer jüdischer Angelegenheiten auf die Projektionsfläche Israel.<br />

(6) Jude Simon Stein, […] Israel wird wieder von der Landkarte verschwunden<br />

sein. Das ist unser Ziel. Hass und Verachtung aller Juden in der Welt ist euch<br />

gewiß. (IBD_23.07.2006_Hud_001 [Postkarte])<br />

Neben der expliziten Hasslexik, meist in persönlichen Emotionsdarstellungen<br />

(wie Ich hasse Sie/euch!) kodiert, manifestieren sich in den Schreiben an<br />

Zentralrat wie Botschaft direktive Sprechakte mit Verwünschungen und<br />

Drohungen.<br />

(7) Möget Ihr leiden, schliesslich seid ihr ein selbsternanntes auserwähltes Volk.<br />

In diesem Sinne – Ich hasse Euch alle – !!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

(ZJD_Gaza09_Boh_001)<br />

Juden werden als Juden zum Hass-Objekt: Die Eigenschaft, warum sie hassenswert<br />

sind, ist deren Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft. Damit ist<br />

einzig das konzeptuelle Merkmal der Gruppenzugehörigkeit Grund für die<br />

Feindseligkeit. Durch diese Form der pejorativen Ent-Individualisierung wird

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