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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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84 Karl Marker<br />

Kritische Diskussion des Signalfunktionsarguments<br />

Welche Einwände könnte man nun gegen das soeben explizierte Signalfunktionsargument<br />

vorbringen? Generell sind verschiedene Sorten von Einwänden<br />

denkbar, die jeweils an unterschiedlichen Prämissen des Arguments<br />

ansetzen. Aus der Überlegung, welche Prämissen akzeptiert und welche verworfen<br />

werden (sollen), lässt sich auch konkrete Kritik herleiten – nämlich in<br />

Form von Gründen, weshalb man die Geltung einer bestimmten Prämisse<br />

bestreiten könnte. So kann sich eine systematische Erörterung möglicher<br />

Gegenargumente etwa an der Frage orientieren, ob die grundsätzliche Annahme,<br />

dass <strong>Hassrede</strong> beständig als Alarmsignal fungieren kann, geteilt wird<br />

(A) oder nicht (B). Für beide Positionen lassen sich dann mindestens zwei<br />

Sorten von Einwänden formulieren:<br />

−<br />

−<br />

<strong>Hassrede</strong> erfüllt zwar die behauptete Signalfunktion, aber diese Funktion<br />

ist nicht wichtig (A1);<br />

<strong>Hassrede</strong> erfüllt zwar die behauptete Signalfunktion, aber diese Funktion<br />

kann auch anderweitig bzw. trotz eines Verbots erfüllt werden<br />

(A2); 36<br />

36<br />

Ein weiterer Einwand dieser Art (A3) könnte darin bestehen, zwar die Signalfunktion<br />

anzuerkennen, ebenso ihren Wert und auch die Probleme, die sich aus<br />

ihrem Wegfall zwangsläufig ergeben würden, aber aufgrund einer Güterabwägung<br />

zu dem Schluss zu kommen, dass es höherwertige Güter gibt (z. B.<br />

Schutz vor Diskriminierung und verbaler Gewalt), deren Bewahrung es notwendig<br />

bzw. geboten erscheinen lässt, auf die Signalfunktion von <strong>Hassrede</strong> zu<br />

verzichten und die damit verbundenen Probleme nolens volens in Kauf zu<br />

nehmen. Selbstverständlich kann es neben praktischen auch normative Gründe<br />

geben (die in diesem Beitrag allerdings nicht behandelt werden), die für ein<br />

Verbot von <strong>Hassrede</strong> sprechen und bei sorgsamer Abwägung die praktischen<br />

Probleme eines Verbots durchaus überwiegen mögen. Man könnte dem Signalfunktionsargument<br />

etwa entgegenhalten, dass es schließlich eine moralische<br />

Pflicht demokratisch verfasster Staaten sei, ihre Bürger vor rassistischen Anfeindungen<br />

zu schützen, und auf dieser Grundlage für rechtliche Sanktionen plädieren<br />

(so z. B. Delgado/Stefancic 1997). Der Möglichkeit einer Übertrumpfung der<br />

Klugheits- durch normative Gründe ist nicht zu widersprechen; es ist z. B.<br />

keineswegs ersichtlich, dass Zweckmäßigkeitserwägungen grundsätzlich Vorrang<br />

vor moralischen Bedenken haben sollten. Eher dürfte das Gegenteil zutreffen.<br />

Allerdings scheinen die hier diskutierten praktischen Probleme eines Verbots von<br />

<strong>Hassrede</strong> ebenfalls grundsätzlicher Natur zu sein. Zur Bildung einer begründeten<br />

Meinung sollten sie daher stets mitbedacht werden, was in der einschlägigen

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