06.11.2013 Aufrufe

Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

„Dies ist kein Hassbrief – sondern meine eigene Meinung über Euch!“ 153<br />

Juden ihr Status als Individuen abgesprochen, Basis der Entwertung ist ausschließlich<br />

das Merkmal JÜDISCH.<br />

Die auf Generalisierung und Stigmatisierung 17 beruhenden Beschimpfungen<br />

und Drohungen machen die destruktive Komponente von Hass transparent:<br />

Die Hassenden wollen nicht nur das Leid des Gehassten, sondern seine<br />

Zerstörung (und verstärken die Legitimierung dieses Anliegens durch Verweise<br />

auf eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung):<br />

(8) Ihr scheissjuden […] Jedenfalls, für jeden toten von Euch lass ich mir ein<br />

Glas extra schmecken. Und seid Euch sicher, dies ist keine Einzelmeinung.<br />

(ZJD_07.08.2006_ano_001)<br />

In den erörterten Texten zeigt sich die verbale Kodierung von antisemitischem<br />

Hass manifest und hinsichtlich des emotionalen Parameters der Intensität<br />

besonders ausgeprägt: Sowohl durch explizite Emotionsbezeichnungen,<br />

die auf die Gesamtheit aller Juden als Hass-Objekt referieren, als auch durch<br />

emotionsausdrückende Lexeme, die aufgrund ihrer pejorativen Informationskomponente<br />

eine extreme Abwertung bzw. Entwertung des Hass-Objektes<br />

bezeichnen, wird der affektive Hass explizit vermittelt. Die Entwertung von<br />

Juden erfolgt wesentlich durch Dehumanisierung (Ihr Unmenschen, Rattenpack)<br />

bei gleichzeitiger Kontrastierung 18 („wir guten Deutschen, ihr<br />

schlechten Juden“) und einer ausgeprägten Dämonisierung (Teufel, Teufelsbrut).<br />

Maßgeblich dabei ist, dass Juden als Hass-Objekt konzeptuell entindividualisiert<br />

und entpersonalisiert werden: Juden wird der Status als individuelle<br />

humane Subjekte aberkannt. Ein geschlossenes Feindbild konstituiert<br />

sich, in dem das Gehasste in seiner unmenschlichen Bösartigkeit repräsentiert<br />

ist.<br />

(9) ihr Schmarotzer, […], ihr verbrecherisches Ungeziefer, als Futter sollte man<br />

euch verarbeiten, damit ihr einmal nützlich seit. wir hassen Euch Judenschweine!<br />

(IBD_01.08.2006_ano_026)<br />

Die (in der affektiven <strong>Hassrede</strong> vulgärsprachlich kodierte) Dämonisierung<br />

stellt einen Prozess der extremen Aus- und Abgrenzung von Menschen mittels<br />

irrationaler Negativbewertung (Teufel, Höllenbrut, Satanspack) dar. Die<br />

Dämonisierung basiert auf einer strikt dualen Konzeptualisierung, die mani-<br />

17<br />

18<br />

Diese Merkmale sind allgemein typisch für den rassistischen und fremdenfeindlichen<br />

Diskurs und nach Haubl (2007, 46 ff.) charakteristisch für die „weltweite<br />

Hass-Propaganda“. Spezifisch am antisemitischen Sprachgebrauch ist zum einen<br />

die Kopplung dieser Entwertungsstrategien an judenfeindliche Stereotype und<br />

Ressentiments, zum anderen die pseudo-rationale Legitimierung (s. Punkt 6).<br />

Vgl. auch Haubl (2007, 22): „Menschen, die hassen, bestreiten die Gleichwertigkeit<br />

ihres Hassobjektes.“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!