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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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Der <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong>-Diskurs als <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong> 45<br />

Um widerständig und/oder reflektiert kritisierend auf eine sprachliche Diskriminierung<br />

Bezug nehmen zu können, diese als Diskriminierung klassifizieren<br />

zu können, ist eine kontinuierliche reflektierende Auseinandersetzung<br />

mit Diskriminierung als strukturelles Phänomen, Praxis und Struktur eine<br />

Voraussetzung, die zugleich nie abgeschlossen ist oder sein kann: Da strukturelle<br />

Diskriminierung immer wieder neue Aus_Drucksformen findet, über<br />

neue kommunikative Strategien realisiert wird, kann eine reflektierende Auseinandersetzung<br />

damit nie abgeschlossen sein, sondern muss ebenso kontinuierlich<br />

stattfinden: die Idee der kontinuierlichen Auseinandersetzung ist<br />

Teil einer kritisch-reflektierenden Haltung zu struktureller Diskriminierung.<br />

Ausgehend von der hier vertretenen Annahme, dass sprachliche Diskriminierungshandlungen<br />

Aus_Druck von strukturellen Diskriminierungen sind und<br />

diese re_produzieren, stellt sich hier für mich die Frage, wie bestimmt werden<br />

kann, welche strukturellen Diskriminierungsdimensionen in konkreten<br />

Äußerungsakten aufgerufen bzw. realisiert werden. Welchen Status und welche<br />

Position müssten die Personen, die sich verletzt fühlen in Bezug auf die<br />

potentielle Diskriminierung einnehmen? Dies ist die Frage danach, welche<br />

wie positionierten oder kritisch verorteten Personen überhaupt eine für dieses<br />

Analysemodell relevante Aussage zu Diskriminierung treffen können? Was<br />

verleiht einem Urteil zu einer konkreten Diskriminierung sozial relevante<br />

Autorität? Damit will ich in keiner Weise in Abrede stellen, dass es für meine<br />

Konzeptualisierung ganz zentral ist Wahrnehmungen von Diskriminierten<br />

als wichtige Momente in sozialen Interaktionen und für eine Bemessung von<br />

sprachlichen Diskriminierungen anzuerkennen. Stattdessen ist es mein Anliegen<br />

dieses Kriterium weiter zu öffnen, indem nicht vorausgesetzt wird,<br />

dass Individuen sich über strukturelle Diskriminierungen bewusst sein und<br />

diese auch zum Ausdruck bringen müssen. Es ist ja gerade ein Kennzeichen<br />

struktureller Diskriminierung, dass sie von allen Beteiligten in der Regel<br />

(internalisiert) normalisiert ist und nicht unbedingt immer als solche wahrgenommen<br />

wird oder werden kann. Dabei ist es auch an diesem Punkt wichtig,<br />

zwischen den Positionen in der konkreten Kommunikationssituation zu differenzieren.<br />

Ich fasse es als bedeutsames Kriterium struktureller Privilegierung,<br />

dass privilegierte Personen meinen, sich gerade nicht im sozialen<br />

Kontext mit Diskriminierungen beschäftigen zu müssen, wohingegen Diskriminierte<br />

keine Wahl haben als in Bezug auf Diskriminierungen zu<br />

re_Agieren.<br />

In einer weiteren Abgrenzung des hier vorgeschlagenen Modells Pejorisierung<br />

zu vielen bestehenden Ansätzen zu <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong> (vgl. auch Meibauer, in<br />

diesem Band) gehe ich des Weiteren auch davon aus, dass es wichtig ist, vor<br />

der Analyse konkreter Sprachäußerungen erkenntnistheoretische, theoretische<br />

und politisch explizite Entscheidungen dazu zu treffen, was für eine

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