Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
50 Lann Hornscheidt<br />
bar macht, sondern sie gerade sehr machtvoll machtentnennend und Hegemonie<br />
erhaltend ent_erwähnt. In Bezug auf Sexismus könnte es also ein Teil<br />
einer hegemonialen Strategie sein, den Begriff Sexismus zu verengen und<br />
dadurch bestimmte notwendige Interventionen und Analysen zu verunmöglichen.<br />
Was also heißt dies jetzt bezogen auf gängige Vorstellungen von <strong>Hate</strong><br />
<strong>Speech</strong>? Übertrage ich diese Überlegungen also auf die Frage, was sexistische<br />
Pejorisierung ausmachen würde, so würde neben allen weiter oben bereits<br />
angeführten Überlegungen zu Positionierungen der Bewertung die Frage<br />
der Norm, was unter Sexismus verstanden wird, für die Analyse eine zentrale<br />
Rolle spielen. Gehe ich von dem vielschichtigen Modell von Sexismus aus,<br />
wie ich es hier kurz erläutert habe, könnte dies also konkret bedeuten, dass<br />
eine sexistische sprachliche Diskriminierung auch gerade in ihrer Nicht-<br />
Wahrnehmbarkeit in Alltagsdiskursen liegen kann. Ein entscheidendes Moment<br />
der analytischen Bewertung, ob es sich um eine Pejorisierung handelt<br />
oder nicht, ist damit also auch die differenzierte selbstreflexive Analyse der<br />
Folie, vor der etwas als diskriminierende SprachHandlung aufgefasst wird.<br />
Um die Dimension dispositiver Machtverhältnisse noch deutlicher zu machen,<br />
führe ich im Folgenden noch Beispiele dafür an.<br />
Bezogen auf Rassismus wird die grundlegende Dimensionierung von Rassismus<br />
als Teil transdependenter dispositiver Diskriminierung u. a. darin<br />
deutlich, dass in Strategien und Interventionen gegen Rassismus die Idee von<br />
Rasse/n (im Folgenden mit R. abgekürzt, um den Begriff nicht kontinuierlich<br />
zu re_Produzieren) 39 auch in ihrer Infragestellung immer auch wieder aufgerufen<br />
wird. Dispositiver Rassismus realisiert sich über die Grundannahme,<br />
dass R.n überhaupt eine mögliche Klassifikation sein könnten, die dann „ungerecht“<br />
und ungerechtfertigt asymmetrisierend und Personen benachteiligend<br />
verwendet wird. Die Idee einer möglichen Einteilung von Menschen in<br />
unterschiedliche R.ngruppen ist so durchgängig im deutschen hegemonialen<br />
momentanen Kontext und so unreflektiert, dass sie kontinuierlich re_Produziert<br />
wird. 40 Ein wichtiger Bestandteil ist dabei die Primärsetzung und an-<br />
39<br />
40<br />
Diese Schreibweise ist inspiriert durch eine entsprechende Verwendung von Silke<br />
Schissler in ihrer Magistraarbeit mit dem Titel „Formen postkolonialer und postnationalsozialistischer<br />
Verhältnisbestimmungen im deutschen Kontext: Kolonial-<br />
Rassismen, Antisemitismen und Kategorisierungen von Nation“ 2011.<br />
Damit teile ich nicht die Auffassung eines Rassismus ohne Rassen. Stattdessen<br />
gehe ich davon aus, dass R.-Konzepte weiterhin stark über verschiedene Strategien<br />
re_produziert werden. Es gibt auch verschiedene rhetorische Strategien, in<br />
der R.-Begriffe durch Begriffe wie Ethnizität oder Migrationshintergrund ersetzt<br />
werden. Siehe kritisch dazu Tudor 2010 und Lemberg/Hamann 2011. Daneben<br />
sind auch weitere sprachliche Strategien wichtig für eine Vorstellung von R.-<br />
Konzepten als vorgängig. Dazu gehören beispielsweise Begriffe wie ‚rassig‘ oder