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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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154 Monika Schwarz-Friesel<br />

chäistisch zwischen gut und böse unterscheidet. 19 Der Dämonisierte wird<br />

außerhalb gesellschaftlicher Werte und Normen verortet (die die Basis für<br />

die positive Selbstbewertung des Produzenten-Ichs bzw. der Wir-Gruppe<br />

bilden). Diese Ent-Wertung erlaubt es, das dämonisierte Hass-Objekt ohne<br />

moralische Bedenken und ohne Gefühle wie Mitleid oder Empathie als<br />

wertlosen bzw. gefährlichen Feind zu(m Tode zu) verurteilen.<br />

(10) Mein Wunsch ist: Das endlich die arabischen Völker sich gegen euch verbünden<br />

und euch in die Hölle schicken woher ihr hergekommen seid. Das „Rote<br />

Meer“ soll seinen Namen verdienen. (ZJD_Gaza09_ano_001)<br />

Die aktuelle antisemitische <strong>Hassrede</strong> in ihrer affektiven Manifestationsform<br />

offenbart ein konzeptuell geschlossenes Welt- und Feindbild, das weder<br />

durch Fakten noch ethisch orientierte Reflexionsprozesse oder positive emotionale<br />

Werte tangiert wird. Die Kognition bei dieser Form der verbalen<br />

Aggression scheint im Sprachproduktionsprozess gänzlich deaktiviert zu<br />

sein.<br />

Dabei kommunizieren Menschen, die hassen, auf eine bestimmte Weise. Sie<br />

gebrauchen Sprache nicht, um sich argumentativ zu verständigen. […] Die<br />

Hass-Sprache ist dann auch arm an kognitivem Gehalt. (Haubl 2007, 46)<br />

Es gibt aber neben dieser Form der <strong>Hassrede</strong> auch eine (von politisch nicht<br />

radikalen und gebildeten Schreibern benutzte) antisemitische Kommunikationsvariante,<br />

die sich argumentativ elaboriert, sprachlich gemäßigt, semantisch<br />

rational geprägt und kognitiv reflektiert manifestiert. Die wesentlichen<br />

Kennzeichen dieser „rationalen“ <strong>Hassrede</strong> sollen nun im Folgenden erörtert<br />

werden.<br />

6. „Rationale“ <strong>Hassrede</strong> als argumentative Beweisführung<br />

gegen den „kollektiven Juden“<br />

Hass gegenüber Juden tritt nicht nur explizit und vulgärsprachlich kodiert in<br />

der affektiven Variante auf. Wesentlich häufiger findet sich in der Kommunikation<br />

die „rationale“ <strong>Hassrede</strong>, die Feindschaft und Abneigung gegen<br />

Juden implizit als Umweg-Kommunikation kanalisiert und durch bewusste<br />

kognitive Prozesse moduliert ist. Unser Korpus zeigt, dass die Mehrzahl,<br />

d. h. 63 Prozent der Schreiber, aus der sozioökonomischen „Mitte“ kommt:<br />

Schüler, Studierende, Anwälte, Journalisten, Ärzte, Professoren, Pfarrer und<br />

19<br />

Vgl. hierzu auch die empirischen Befunde von Salzborn (2010, 300 f.).

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