Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
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Der <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong>-Diskurs als <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong> 47<br />
schaften, Aussehen, Verhaltensformen dienen häufig der eigenen Legitimierung<br />
und Normalsetzung.<br />
5. Von strukturellen sprachlichen Diskriminierungen zum<br />
Diskriminierungsdispositiv<br />
Wie kann es nun sein, dass bestimmte Diskriminierungen so unglaublich<br />
langlebig sind? Wie kann es beispielsweise sein, dass es immer noch antisemitische<br />
Äußerungen in Deutschland gibt, auch 60 Jahre nach dem Ende<br />
der Herrschaft des Nationalsozialismus, dass rassistische Sprachhandlungen<br />
immer noch kontinuierlich vorkommen? Sind die gesamtgesellschaftlichen<br />
Maßnahmen gegen sprachliche Diskriminierungen nicht stark genug, nicht<br />
umfassend und nicht durchgreifend genug? Oder spielen sprachliche Diskriminierungshandlungen<br />
keine Rolle in einer allgemein verbreiteten Sichtweise,<br />
dass Sprache keine Handlung sei? Oder inwiefern sind die Sprachverbote<br />
gerade Teil eines Problems, wenn es unreflektierte Tabuisierungen gibt, leere<br />
Worthülsen, Vorstellungen politischer Korrektheit (vgl. Hayn 2010)? 33 In<br />
diesem Abschnitt erläutere ich die Idee einer analytisch zu fassenden dispositiven<br />
Dimension von Diskriminierungen an den Beispielen Rassismus,<br />
Sexismus und Antisemitismus in ihren Konsequenzen für ein konstruktivistisches<br />
Modell zu <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong>. Dazu differenziere ich zwischen diskursiven<br />
sprachlichen Diskriminierungen und einem Diskriminierungsdispositiv, welches<br />
die Möglichkeits- und Äußerungsbedingungen diskursiver sprachlicher<br />
Diskriminierung bildet, welches also der Rahmen gesellschaftlicher Intelligibilität<br />
ist (vgl. Butler 1993, 1997). Die zuvor gemachten Überlegungen betreffen<br />
diskursive Dimensionen von Diskriminierung und werden hier nun<br />
ergänzt um eine analytische Ebene des Dispositivs, die die diskursiven Diskriminierungen<br />
sozusagen rahmt, die Möglichkeitsbedingungen für diese<br />
Formen diskursiver Diskriminierungen bereitstellt und gleichzeitig auch<br />
durch diese immer wieder aufgerufen wird in seinem Status als Dispositiv.<br />
Meine hier getroffenen Ausführungen sind situativ kontextualisiert, das<br />
heißt sie beziehen sich auf momentane deutschsprachige VerHandlungen von<br />
33<br />
Ich will damit nicht nahelegen, dass es nicht auch noch viele andere Gründe gibt,<br />
wie u. a. auch eingeschränkte und undifferenzierte Sichtweisen und Tradierungen<br />
von Sichtweisen auf bestimmte Machtverhältnisse und Diskriminierungsformen.