Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
252 Björn Technau<br />
das kaum kontrollierbar ist. Rassistisches Gedankengut und diskriminierende<br />
Absichten lassen sich in der Scherzkommunikation deshalb nur sehr selten<br />
eindeutig identifizieren.<br />
[H]umor has a great range of targets and tones, incorporating xenophobia,<br />
schadenfreude, black humor, sick humor, and multifarious jokes against outgroups,<br />
condemned by the politically correct formula of „inappropriately directed<br />
laughter“ or the more extraordinary laughism. (Hughes 2010, 262)<br />
Neben humoristischen Effekten können beim (nicht-pejorativen) Gebrauch<br />
von <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong>-Ausdrücken in der Scherzkommunikation leicht auch diskriminierende<br />
entstehen, unabhängig davon, ob sie vom Sprecher intendiert<br />
sind oder nicht. Ob das der Fall ist, kann nicht allgemein und kontextübergreifend<br />
bestimmt werden, sicher auch nicht über die Hautfarbe des Sprechers.<br />
Vielmehr verlangt es nach einer genauen Betrachtung der jeweiligen<br />
Situation und involvierten Sprachgemeinschaft(en), nach einer komplexen<br />
Analyse semantischer und pragmatischer Aspekte. Zwei extreme Haltungen<br />
gilt es daher abzulehnen: diejenige, nach der nicht-pejorative Verwendungsweisen<br />
von <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong>-Ausdrücken grundsätzlich als bloßer Scherz abgetan<br />
werden, ebenso wie diejenige, die sie grundsätzlich als rassistisch einstuft.<br />
Begriffe wie cripple und nigger bleiben u. a. aufgrund von Fremdenhass<br />
und Schadenfreude im Umlauf. Dass ihr öffentlicher Gebrauch Tabu ist, ist<br />
ein Verdienst der PC-Bewegung. Political Correctness übt zwar eine Zensur<br />
aus, ruft aber auch zum Respekt vor menschlichen Befindlichkeiten auf.<br />
Dieser Respekt steht für Hughes (2010) überhaupt im Zentrum von Political<br />
Correctness, ist der zugrundeliegende „key term“ (Hughes, 2010: 293). Und<br />
auch ich sehe hier die eigentliche Stärke der PC-Bewegung. Sie vermag es,<br />
einen bewussteren Umgang mit Sprache anzuregen, einen Umgang, der die<br />
unbewusste Beleidigung von Personen(gruppen) verhindern kann. Positive<br />
Effekte sehe ich also vor allem auf Hörer-, weniger auf Sprecherseite. Die<br />
inneren Einstellungen der Sprecher werden sich durch die bloße Anwendung<br />
PC-konformer Sprache kaum ändern lassen. Allerdings kann PC eine verbesserte<br />
Einsicht in das Verletzungspotential bestimmter Wörter gewähren und<br />
damit unbeabsichtigte Beleidigungssituationen verhindern. Wenn Shannon<br />
beispielsweise ihre Kinder zu einem bewussten Sprachverhalten erzieht und<br />
sie für die Bedeutung bestimmter Tabuwörter sensibilisiert, dann mag sie<br />
damit die ein oder andere Beleidigungssituation auf dem Schulhof verhindert<br />
haben. Vielleicht übersehen viele Kritiker solche Potentiale der PC-<br />
Bewegung, wenn sie darauf verweisen, dass die echten sozialen Probleme<br />
durch PC nur verschleiert werden. Trotz ihrer beschränkten Einflussmöglichkeiten<br />
auf die intendiert rassistischen Kontexte, leistet die Bewegung