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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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Kriterien zur Einschränkung von hate speech 279<br />

welche Religionsgemeinschaft die bessere ist. In diesen Fällen wäre eine<br />

Regulierung der Meinungsfreiheit eindeutig illegitim. Die Frage, ob eine<br />

Regulierung auf der Grundlage des Inhalts in Fällen von hate speech legitim<br />

sein kann, stellt sich nur deshalb, weil es sich hierbei um Aussagen handelt,<br />

die bestimmten Personen ihre gleichwertige Zugehörigkeit zur Gesellschaft<br />

explizit absprechen (vgl. Parekh 2006a, 204). Zwar darf eine liberale Demokratie<br />

kein moralisches Ziel anstreben, dem sich die Bürger unterordnen<br />

müssen, sondern das Individuum und seine persönliche Lebensführung stehen<br />

hier im Mittelpunkt; das heißt aber nicht, dass der liberal-demokratische<br />

Staat allen Werten gleichgültig gegenüberstehen würde, denn er selbst beruht<br />

auf den Werten der Freiheit und der Gleichheit. Die Aufgabe eines liberaldemokratischen<br />

Staates besteht nicht nur darin, diese Werte selbst gegenüber<br />

den Bürgern zu wahren 31 , sondern sie auch zwischen den Bürgern durchzusetzen.<br />

32<br />

Wie bisher gezeigt wurde, kann hate speech Kosten verursachen. <strong>Hate</strong><br />

speech sollte allerdings nicht allein deshalb verboten werden, weil sie psychische<br />

Verletzungen oder soziale Auswirkungen bewirken kann, sondern es<br />

ist darüber hinaus ein anderes Kriterium notwendig. Dieses andere Kriterium<br />

könnte in dem degradierenden Inhalt der Äußerungen zu finden sein, denn<br />

durch hate speech wird nicht einfach eine normative Position bezogen, sondern<br />

manchen Individuen die Gleichwertigkeit abgesprochen und somit ein<br />

normatives Fundament des liberal-demokratischen Systems selbst in Frage<br />

gestellt. Im nächsten Abschnitt soll auf der bisherigen Grundlage an dem<br />

Beispiel von Ethnophaulismen diskutiert werden, inwiefern eine Regulierung<br />

der Meinungsfreiheit auf der Grundlage des Verbots von bestimmten Wörtern<br />

sinnvoll ist.<br />

31<br />

32<br />

Die Akzeptanz von hate speech, die von staatlichen Akteuren begangen wird, ist<br />

sicher sehr viel niedriger, als wenn sie von Bürgern gegenüber Bürgern ausgeübt<br />

wird. Eine Regierung, die selbst hate speech verwendet, ist scharf zu kritisieren.<br />

Eine Regulierung von hate speech in diesem Fall bringt außerdem nicht die<br />

Gefahr mit sich, dass Zensur vom Staat eingesetzt wird, um bestimmte<br />

Meinungen zum Schweigen zu bringen (vgl. Levy 2000, 231). Allerdings<br />

könnten in diesen Fällen Amtsträger von politischen Gegnern zum Schweigen<br />

gebracht werden. Die Problematik von hate speech beruht aber gerade darauf,<br />

dass es sich um einen Konflikt zwischen den Ansprüchen und Rechten von<br />

unterschiedlichen Bürgern handelt und dass gefragt wird, inwiefern der Staat<br />

eingreifen sollte, um diesen Konflikt zu lösen (vgl. Waldron 2010, 1625).<br />

Siehe zu dem Argument zum Beispiel Waldron (2010); siehe auch den Beitrag<br />

von Sirsch in diesem Band.

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