Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik
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Die Regulierung von <strong>Hassrede</strong> in liberalen Demokratien 185<br />
Variation dieses silencing-Arguments, um ein Verbot von Pornographie zu<br />
begründen, das ebenso zur Begründung einer Einschränkung von <strong>Hassrede</strong><br />
verwendet werden kann:<br />
The claim that pornography silences women expresses a different conflict,<br />
one within liberty itself. Viewed thus, the ordinance poses an apparent conflict<br />
between the liberty of men to produce and consume pornography, and<br />
the liberty of women to speak. (Langton 1993, 298)<br />
Die mit <strong>Hassrede</strong> assoziierten negativen Folgen beschränken in einer wohlgeordneten<br />
Gesellschaft jedoch nicht den Umfang der Grundfreiheiten der<br />
Opfer von <strong>Hassrede</strong>, sondern ihren Wert. Solange der Wert einer Grundfreiheit<br />
nicht so stark verringert wird, dass ein effektiver Gebrauch dieser Freiheit<br />
nicht möglich ist, kann auf der Basis der Gerechtigkeitsprinzipien keine<br />
inhaltliche Einschränkung der Redefreiheit gerechtfertigt werden. Bezüglich<br />
des Wertes der politischen Freiheit macht Rawls allerdings eine gut begründete<br />
Ausnahme. Der faire Wert der politischen Freiheiten soll garantiert werden:<br />
19 This guarantee means that the worth of the political liberties to all citizens,<br />
whatever their economic or social position, must be sufficiently equal in the<br />
sense that all have a fair opportunity to hold public office and to affect the<br />
outcome of elections, and the like. This idea of fair opportunity parallels that<br />
of fair equality of opportunity in the second principle. (Rawls 2001, 149)<br />
Wenn gezeigt werden kann, dass <strong>Hassrede</strong> dazu beiträgt, dass es für Angehörige<br />
bestimmter Gruppen bei gleichen (natürlichen) Fähigkeiten und gleicher<br />
Motivation nicht möglich ist ähnlichen politischen Einfluss zu erlangen, kann<br />
nicht von einem fairen Wert der politischen Freiheit gesprochen werden.<br />
Zusätzlich müsste aber die Einschränkung von <strong>Hassrede</strong> das effektivste Mittel<br />
zur Behebung dieser Ungleichheit darstellen (Scanlon 2004, 1485). Hierbei<br />
handelt es sich natürlich um eine kontroverse empirische Frage (Scanlon<br />
2004, 1485; Cohen 1993, 248-250). Es ist durchaus wahrscheinlich, dass in<br />
einer halbwegs wohlgeordneten Gesellschaft andere Maßnahmen, die nicht<br />
die Einschränkung einer Grundfreiheit erfordern, hinreichend sind, um den<br />
fairen Wert der politischen Freiheit zu garantieren. So könnte z. B. besonders<br />
aggressive Rede vom Diskurs ausgeschlossen werden, ohne dass dadurch die<br />
Äußerung bestimmter Inhalte vollständig verboten wird (Rawls 2005, 357).<br />
Aus diesem Grund ist auch diese Begründung für das Verbot von <strong>Hassrede</strong> in<br />
einer halbwegs wohlgeordneten Gesellschaft nicht haltbar.<br />
19<br />
Siehe auch Rawls (1971, 224 ff.).