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Hassrede/ Hate Speech - Allgemeine Linguistik

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Der <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong>-Diskurs als <strong>Hate</strong> <strong>Speech</strong> 33<br />

rungen nicht benannt werden, Ent_Erwähnungen sind die Sprachhandlungen,<br />

mit denen diskriminierte Positionierungen nicht benannt werden.<br />

EntNennung und Ent_Erwähnung werden zusammengefasst unter dem<br />

Oberbegriff der Weg_Nennung. Die Folie, vor der etwas als Weg_Nennung<br />

konzeptualisiert wird, sind die kritisch-reflektierenden Analysen zu strukturellen<br />

Diskriminierungen in ihren verschiedenen sprachlichen Manifestierungen.<br />

Der Begriff „EntNennung“ verdeutlicht, dass das Auslassen oder Nichtexplizit-Machen<br />

einer Normsetzung eine aktive Handlung ist. Wenn z. B. in<br />

Bezug auf Rassismus Weißsein und die damit verbundenen Privilegien nicht<br />

explizit gemacht werden, dann ist dies eine EntNennung, weil die privilegierte<br />

Norm damit sprachlich unhör- und unlesbar und somit generalisiert<br />

wird. Analog macht der Ausdruck Ent_Erwähnung kenntlich, dass das<br />

sprachliche Auslassen von deprivilegierten Personengruppen eine aktive,<br />

potentiell diskriminierende Handlung ist (vgl. Lockward 2010). Dies geschieht<br />

in Bezug auf Rassismus, wenn beispielsweise Schwarze Personen<br />

nicht vorkommen und nicht benannt werden in den unterschiedlichsten<br />

Kontexten. Denn auf diese Weise werden rassistisch diskriminierte Personengruppen<br />

sprachlich unwahrnehmbar gemacht und rassistische Handlungen<br />

entnannt. Die Vorsilbe „ent“ betont die aktive Handlung des NichtSagens<br />

und NichtSchreibens. Die traditionellen Begrifflichkeiten Nicht-<br />

Sagen/Schreiben, Nicht-Benennung oder das Adjektiv „unmarkiert“ verdekken<br />

die in den sprachlichen Weigerungen oder Weg_Nennungen enthaltenen<br />

Handlungsdimensionen und implizieren stattdessen, dass nur Sagen und<br />

Schreiben sprachliche Handlungen sind. 13 In dem hier vertretenen Konzept<br />

sind Weg_Nennungen hingegen machtvolle sprachliche Handlungen zur<br />

Schaffung von Normalisierungen bzw. Normalitätsvorstellungen.<br />

Der Begriff der EntNennung impliziert ein verändertes Normverständnis:<br />

Indem die Nennung von Privilegierungen mit diesem Begriff als normal,<br />

selbstverständlich und erwartbar gesetzt wird und die Weg_Nennung somit<br />

zu einer aktiven Handlung, zu einer EntNennung wird. Mit den Konzepten<br />

EntNennung und Ent_Erwähnung als Sprachhandlungen wird gleichzeitig<br />

das Handlungsspektrum für Veränderungen von Rassismus entschieden vergrößert,<br />

da sich der Fokus von expliziten BeNennungspraktiken um all das,<br />

was sprachlich aktiv sprachhandelnd in der hier vertretenen Sichtweise nicht<br />

zum Ausdruck gebracht wird, erweitert. Mit diesem neuen Konzept gibt es<br />

keine neutrale oder unschuldige Position in Bezug auf die potentielle rassistische<br />

WirkMächtigkeit sprachlicher Handlungen: Jedes Nichteingreifen in<br />

13<br />

Auf diese Weise werden zum Beispiel auch Tabuisierungen als eine Form von<br />

WegNennungen sehr viel stärker als sprachliche Handlungen konzeptualisierbar.

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