Abhandlungen zur römischen Religion - Bibliothèques de l ...

Festcyclen 181
noch die aus Rücksicht auf die ungeraden Zahlen um .einen Tag
abgeanderte Ansetzung der Hauptfeste hi;n: 9. Januar Agonium
Iani, 15. Februar Lupercalia, 17. Marz Liberalia, 9: JunÎ
Vestalia, 23. Jnli Neptunalia, 23. August Volcanalia, 15. Oktober
equus Octobris, 17. December Saturnalia. Nur im April,
19. Cerealia, und Mai, 21. Agonium Vediovis, ist die Verschiebung
starker.
W ohl erinnert vieles in der Zahlenordnung der Cyclen wie in
dem Glauben des Wiedererstehens des I,ebens zu neuen Gestalten
an die Lehren der Pythagoraer. 1 Dennoch will es mir
scheinen, daB Pythagoras vielmehr von V orstellungen· der
ltaliker beeinfluBt ist. Denn eine echt romische Phantasie
waltet in der Auffassung des Naturlebens aIs eines groBen
organischen Ganzen.
Die romische Festfeier beginnt im Dezember mit der Verehrung
der Krafte, die wahrend der Todesstarre des Winters
unergründlich im Inneren der Erde und unerreichbar in Himmelshohen
für das neue Jahr neues Leben schaffen. Mit Beginn
des Sonnenlaufes wirkt der Gott, des alles Werden von Anfang
an bestimmt. In Regungen zu neuen Schopfungen auBert
sich im Februar das kommende Leben der Natur,
Leben im Marz in wunderbarer Schnelle entsteht.
schlieBen sich im April die Keime alles Seienden.
bis dieses
Jetzt er­
Aber die
steigende Sonnenwarme, die im Mai 2 das Seiende zum Wachstum
treibt, bedroht es auch durch die fieberschwangere Luft
der Campagna. Da, wo dieses Leben auf seiner Hohe steht
im Iunius 3, werden die Kra,fte des Himmelsfeuers und des
Himmelslichtes verehrt, die die Kultur geschaffen, den Menschen
zum geistigen Wesen gemacht hab en. Dem im Hochsommer
gefahrvollen Versiegen der Wasser zu wehren, gelten die Feste 344
1 Mommsen Rom. Chl'onologie 199f., über die Scheu vor der geraden
Zahl; Diels 8ibyllinische Bliitter 40, über die Dreizahl und Neunzahl der
Pythagoraer.
2 V gl. oben S. 108. 3 V gl. oben S. 170.