2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg
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Freiheit <strong>und</strong> Geb<strong>und</strong>enheit des Handelns, deren individuelle <strong>und</strong> politische Dimension diskutiert<br />
wurde, wobei nicht der vordergründige Tagesbezug im Zentrum des Interesses lag, sondern -<br />
ähnlich wie in der griechischen Geschichtsschreibung <strong>und</strong> Philosophie - der Bezug auf die<br />
verborgenen Gr<strong>und</strong>strukturen des Menschlichen innerhalb des neu konstituierten<br />
“Könnensraumes” des Politischen. Eine lebendigere <strong>und</strong> intensivere Kommunikation über die<br />
Probleme des Einzelnen <strong>und</strong> der Gesellschaft als in der Öffentlichkeit des Theaters von Athen -<br />
im Dialog der Mitspielenden <strong>und</strong> im Dialog mit dem Publikum auf den vollbesetzten Rängen -<br />
läßt sich bis in die durch Massenmedien bewirkte Öffentlichkeit unserer Tage hinein kaum<br />
vorstellen. Ob die Massenmedien aber auf ihre Weise dazu beitragen können, das nomologische<br />
Gr<strong>und</strong>wissen einer interkulturell gewordenen Welt zu den Bürgern in den Staaten dieses Planeten<br />
zu transportieren, <strong>und</strong> welchen Beitrag sie zu der Weiterbildung dieses neuen nomologischen<br />
Wissens leisten können - das sind Fragen, die in Anbetracht der gegenwärtigen<br />
Herausforderungen bedacht werden wollen. 230<br />
Zusammenfassende Übersicht <strong>und</strong> Ausblick<br />
An einer bekannten Stelle bei Herodot ist in der ersten für uns literarisch fassbaren ≤u´gkri≤iÓ<br />
von Ägyptern <strong>und</strong> Griechen davon die Rede, dass die Ägypter entsprechend der anderen Natur<br />
ihres Landes die meisten Dinge alle ganz anders als die anderen Menschen machen: Aiägu´ptioi<br />
aÖma tw+* ouäranw*+ tw+* kata` ≤fe´aÓ eäo´nti eÄteroi´w* kai` tw+* potamw*+ fu´≤in aälloi´hn parexome´nw* hß oiÄ<br />
aölloi potamoi´, ta` polla` pa´nta eömpalin toi+≤i aölloi≤i aänqrw´poi≤i eä≤th´≤anto höqea´ te kai`<br />
no´mouÓ. (II 35, 2) Man hat oft <strong>und</strong> zu Recht die bei Herodot folgenden Details über die<br />
Rollenverteilung von Männern <strong>und</strong> Frauen, den Vorgang des Webens oder gar die Stellung bei<br />
der Verrichtung der Notdurft im Einzelnen als falsch, irreführend oder zumindest als<br />
schematisch-topisch bezeichnet. Wenn die oben unter Kapitel 1 bis Kapitel 5 in engem Anschluss<br />
an die Ergebnisse der heutigen Forschung gewonnenen Beschreibungen zutreffend sind, wird<br />
man Herodots These von einer gr<strong>und</strong>legenden Verschiedenartigkeit von Ägyptern <strong>und</strong> Griechen<br />
für den mentalen Bereich dennoch auf ganz neue Weise unterstreichen müssen. Ausgehend von<br />
Jaspers’ Kategoriensystem zur Beschreibung der Achsenzeitphänomene ist vielleicht deutlich<br />
geworden, dass - bei aller Notwendigkeit der historischen Differenzierung insbesondere innerhalb<br />
des langen Zeitraums der ägyptischen Geschichte - sich dennoch auf einer mittleren Schärfeebene<br />
kulturelle Gr<strong>und</strong>strukturen beschreiben lassen, die jenseits des gemeinsamen anthropologischen<br />
Substrats aller Menschen <strong>und</strong> diesseits einer inkommensurablen totalen historisch-individuellen<br />
230 Vgl. dazu <strong>Dittmer</strong> 1999 (auch unter www.chairete.de)