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2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

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Lehren, die selbst angeben, im Gr<strong>und</strong>e nur tradiertes Wissen grauer Vergangenheit weiterreichen<br />

zu wollen, die auch nicht etwa Bezug nehmen auf persönliche Erlebnisse oder Eigentümlichkeiten<br />

des Verfassers, so dass wir also dem Namen in keinem Fall ein Charakterbild<br />

zuordnen können, geschweige denn eine Charakterentwicklung.” 63 Entsprechend gibt es in den<br />

zahlreichen Autobiographien wenig in unserem Sinne Individuelles, weil sie ein “Bekenntnis<br />

zum gültigen Menschenbild” ablegen wollen, “das ... auf Gottes Willen zurückgeht. Negatives,<br />

also in diesem Fall eigene Fehler <strong>und</strong> Unvollkommenheiten auszusprechen, geht für den Ägypter<br />

nicht an.” 64 Und auch in den Biographien finden sich “selten Originalgedanken.” 65 . Das<br />

Persönliche im Sinne des Authentisch-Originellen beschränkt sich auf die Form der Auswahl <strong>und</strong><br />

Anordnung der im Kanon überlieferten Züge. In der Spätzeit nimmt die Zahl der persönlich<br />

wirkenden Züge zwar zu, jedoch weithin im Rahmen der ererbten Formeln. 66 Helmut Brunner<br />

resümiert: “Gerade den Ägyptern, die am Anfang standen, galt die Originalität nichts; ihr<br />

höchster literarischer Wert war eine lebendig erfüllte, der Gegenwart angepasste Tradition.” 67<br />

Und er zitiert aus der Lehre für König Merikaré: “Die Wahrheit kommt zu dir, von Schlacken<br />

gereinigt, entsprechend den Ratschlägen, die die Ahnen ausgesprochen haben. Tu es deinen<br />

Vätern gleich, deinen Vorgängern: Siehe, ihre Worte sind in Büchern erhalten. Öffne sie, lies <strong>und</strong><br />

tu es ihnen an Wissen gleich, denn nur ein Schüler kann ein Meister werden!” 68<br />

Innerhalb dieses traditionalistisch-ma’atverhafteten Gr<strong>und</strong>musters gibt es natürlich ein breites<br />

Spektrum an biographischen bzw. autobiographischen Inschriften - auch mehr literarische<br />

Formen (wie der Sinuhe-Roman) haben sich entwickelt -, <strong>und</strong> die “sepulkrale<br />

Selbstthematisierung” (Assmann) hat im Verlauf der langen Geschichte des altägyptischen<br />

Reiches erhebliche Veränderungen erlebt. Im Alten Reich erfährt sich der einzelne Mensch zwar<br />

schon als durch seinen Namen “von anderen unterscheidbare <strong>und</strong> abgetrennte Einheit”... , “aber<br />

es fehlt ihm zunächst Wille <strong>und</strong> Fähigkeit der selbstständigen Bestimmung seines Handelns. Er<br />

fühlt sich weitgehend als Gefäß einer alles umfassenden Macht, die ihn in Bewegung setzt: des<br />

Königs.” 69 Die große Fülle der Titulaturen in den Gräbern dieser Zeit zeigt, wie der König den<br />

Lebenslauf des Einzelnen bewirkt <strong>und</strong> ihn dadurch gleichsam erschafft. Erst als “der König aus<br />

dem Mittelpunkt der Welt verdrängt ... <strong>und</strong> als ‘Sohn des Re’ nur noch Durchgangsstation des<br />

Willens des Vaters wird, läßt die sich erweiternde Entfernung zwischen Mensch <strong>und</strong> Machtgeber<br />

63 Ebd.<br />

64 Ebd. 10.<br />

65 Ebd.<br />

66 Vgl. ebd. 99 ff.<br />

67 Brunner 4 1986, 107.<br />

68 Ebd. 107 f.<br />

69 Helck 1980, 15<strong>2.</strong>

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