2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg
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patriarchalischen) Bindungen.<br />
- Die Begegnung mit dem Fremden führte zu einer Auflockerung der unmittelbaren Wirklichkeit<br />
auf einen Horizont von Möglichkeiten hin; ab 650 steigen offenbar die Konflikte stark an, es gab<br />
eine “deutliche Zunahme von Empörungen der unteren Schichten, von Konflikten,<br />
Faktionskämpfen <strong>und</strong> Usurpationen von Tyrannis. Die Auseinandersetzungen waren vielfach<br />
blutig, Verbannungen ganzer Gruppen an der Tagesordnung. die Krise ging aus von<br />
wirtschaftlicher Not <strong>und</strong> gesellschaftlicher Bedrückung <strong>und</strong> griff auch auf das politische<br />
Zusammenleben <strong>und</strong> schließlich auf dessen ethische Gr<strong>und</strong>lagen über.” (105)<br />
- Die als Vertreter der Interessen des Volkes jetzt an die Herrschaft kommenden Tyrannen<br />
konnten zwar viele wirtschaftliche Schwierigkeiten lösen, sich jedoch nicht auf die Dauer als<br />
legitime Herrschaft empfehlen - wohl nicht zuletzt wegen der geringen Bereitschaft der Adligen,<br />
sich in größere Zusammenhänge einzuordnen. So kam es häufig zu Patt-Situationen bei den<br />
Auseinandersetzungen. “In ihnen kam es dann mit der Zeit immer öfter dazu, dass die Streitenden<br />
den Ausweg statt bei einem Mächtigen bei einem Weisen suchten. Das bedeutet: man richtete<br />
zunehmend Erwartungen an das politische Denken.” (106)<br />
- Auch die Kolonisationsbewegung selbst brachte politische Probleme mit sich: Da man bei der<br />
Auswanderung mit den Alten sozusagen das “nomologische Wissen” (Max Weber) des<br />
Vertrauten <strong>und</strong> Bewährten zu Hause lassen musste, mussten Regeln für das Zusammenleben <strong>und</strong><br />
die Organisation der Gesellschaft gef<strong>und</strong>en werden: “Man musste also versuchen, aus dem je von<br />
Fall zu Fall reproduzierten Wissen Regeln abzuleiten, ferner Regeln auch dafür aufzustellen, dass<br />
Menschen, die aus ganz verschiedenen Städten stammten, in den Neugründungen<br />
zusammenleben konnten.” (107)<br />
4. “Das Aufkommen des politischen Denkens <strong>und</strong> einer autonomen Intelligenz” (106)<br />
- So kam es zu einer “starken Aufwertung der griechischen Intelligenz.” (106) - umso mehr, als<br />
die Griechen “in eigenartiger Weise auf politisches Denken angewiesen” waren . “Das ergab sich<br />
schon daraus, dass die Angehörigen der griechischen Städte unmittelbar, ohne die Vermittlung<br />
einer höheren Instanz unter stark bewegten Umständen miteinander auszukommen hatten. Nicht<br />
dass nicht auch Monarchen für die Einrichtung <strong>und</strong> Verwaltung ihrer Herrschaft Intelligenz<br />
bräuchten. Aber es ist eines, wenn man von einem Machtzentrum aus, aus der Person oder durch<br />
die Person des Machthabers als der Quelle aller öffentlichen Aktivität eine politische Ordnung<br />
<strong>und</strong> deren Funktionieren denkt. Und es ist ein gr<strong>und</strong>sätzlich anderes, wenn man Regeln <strong>und</strong><br />
Institutionen zu erdenken hat, die von selbst funktionieren, die in gewissem Maße selbst die<br />
Quelle politischen Handelns zu sein haben. Wo dort das Ganze letztlich auf eine Person