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2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

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vom Herzen erwartet, dass auch ihre Loyalität zum König aus dem Herzen kommt - während der<br />

“Vagab<strong>und</strong>” als negatives Ideal figuriert. Diese Forderung nach herzensgeleiteter Loyalität führte<br />

zugleich auch zu den Schattenseiten des Mittleren Reiches, das bisweilen Formen eines<br />

Polizeistaates annahm: “Ein Staat, der sich in erster Linie als Schutz gegen das Chaos darstellt,<br />

als Zitadelle der Zivilisation des Rechts, der Ordnung <strong>und</strong> Gerechtigkeit, wird unweigerlich<br />

Organe der Kontrolle, des Überwachens <strong>und</strong> des Strafens ausbilden, die den Einzelnen in dem<br />

Maße, wie sie ihm Schutz versprechen, in seiner Bewegungsfreiheit beschneiden.” 188<br />

Zusammenfassend kann man daher über das Mittlere Reich sagen, dass jetzt eine neue<br />

Staatsideologie entwickelt wurde, nach der der Staat <strong>und</strong> an seiner Spitze der König als<br />

Stellvertreter des Schöpfergottes den Sinn haben, die Welt in Gang zu halten <strong>und</strong> einen Beitrag<br />

zu leisten zur Überwindung oder besser zur Heilung der gespaltenen Welt: “Anstelle der<br />

ursprünglichen unmittelbaren Gottesnähe, wie sie die Mythen erzählen <strong>und</strong> imaginieren, entsteht<br />

der kulturell geformte, auf den Möglichkeiten symbolischer Vermittlung <strong>und</strong> Vergegenwärtigung<br />

beruhende Raum der Gottesnähe. Der Staat ist die Institution dieser Gottesnähe. Der Pharao<br />

herrscht als Repräsentant des Schöpfergottes. Das Urbild <strong>und</strong> Modell legitimer Herrschaft ist die<br />

Herrschaft des Schöpfers über das von ihm Geschaffene. Nach der Empörung der Geschöpfe<br />

wird die identitäre Theokratie der Mythen in die repräsentative Herrschaftsform der Geschichte<br />

überführt.” 189<br />

Ähnlich wie das Mittlere Reich sich kompensatorisch durch die Erinnerung an das Chaos der<br />

Ersten Zwischenzeit legitimiert <strong>und</strong> von daher die Idee der Ma’at entfaltet, legitimiert sich das<br />

Neue Reich im Rückgriff auf die Erfahrungen der vorangegangenen Fremdherrschaft unter den<br />

Hyksos - wobei die neuen Herrscher aus Theben Bewusst anknüpfen an die großen Herrscher der<br />

1<strong>2.</strong> Dynastie <strong>und</strong> zugleich “durch solche zitierenden Rückgriffe eine zyklische Struktur in diesen<br />

Neubeginn bringen.” (226) Stärker noch als im Mittleren Reich geht jetzt aber die Entwicklung<br />

zur Aufschließung äußerer, nicht-ägyptischer Räume über, denn die Vertreibung der Hyksos<br />

wurde im Lichte des Mythos von Horus <strong>und</strong> Seth gelesen <strong>und</strong> damit jetzt die äußere Welt als<br />

Seth-Welt für ägyptisches Denken vernehmbar: “Die leitende Opposition heißt nun nicht mehr<br />

Recht versus Gewalt oder Kultur versus Wildnis <strong>und</strong> Nomadentum, sondern Ägypten versus<br />

Asien. Jetzt wird Seth zum Gott der Hyksos <strong>und</strong> damit zum Asiaten. Die ägyptische Politik<br />

orientiert sich an einem religiös f<strong>und</strong>ierten Feindbild. Sie wird aggressiv <strong>und</strong> expansiv. Das heißt<br />

aber keineswegs, dass Seth verteufelt <strong>und</strong> ausgesperrt wird.. Ganz im Gegenteil wird durch den<br />

188 Ebd. 158.<br />

189 Ebd. 215. Vgl. auch ebd. 22<strong>2.</strong> Die folgenden Seitenangaben der Zitate im Text beziehen sich ebenfalls auf J.<br />

Assmann 1996, dessen Gedanken ich zusammenfasse.

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