23.11.2013 Aufrufe

2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

84<br />

Gott Seth als den Repräsentanten der asiatischen Welt das Fremde ins eigene übersetzbar. Der<br />

Fremde wird nun nicht mehr einfach als Element des Chaos verstanden <strong>und</strong> symbolisch<br />

ausgesperrt, sondern als der Andere betrachtet, der als Gegner oder Partner erscheinen kann, den<br />

es zu unterwerfen <strong>und</strong> tributpflichtig zu machen oder durch Bündnisverträge <strong>und</strong> politische<br />

Heiraten an sich zu binden gilt. ... Das Weltbild des Neuen Reichs ist ökumenisch, es denkt nicht<br />

mehr in der Begrifflichkeit von ägyptischem Kosmos <strong>und</strong> äußerem Chaos, sondern stellt sich die<br />

vom Sonnengott geschaffene Welt als von vielen Völkern bewohnt vor.” (227)<br />

Die Herrscher der 18. <strong>und</strong> 19. Dynastie setzen die Eroberungszüge fort <strong>und</strong> machen das Bild des<br />

siegreichen Königs, der die Grenzen erweitert, zum neuen politischen Leitbild, wobei das uralte<br />

Bild vom “Erschlagen der Feinde” etwa bei der Darstellung der Schlacht von Kadesch gegen die<br />

Hethiter verwandelt wird in ein möglichst realistisches Schlachtenbild mit außergewöhnlicher<br />

(<strong>und</strong> sich nicht fortsetzender) historischer Individualität. Die Idee, dass der König sich<br />

legitimieren muss durch militärische Erfolge <strong>und</strong> Leistung, führt zu einem bis dahin unbekannten<br />

Imperialismus <strong>und</strong> Militarismus im Neuen Reich. Andererseits sind die Erfolge jedoch nie dem<br />

König selbst zu verdanken, sondern er verdankt sie seinerseits der persönlichen Unterstützung<br />

durch den Gott Amun - wiederum besonders deutlich formuliert von Ramses II. für die Schlacht<br />

von Kadesch. Die ägyptische Geschichte erscheint damit immer mehr als etwas, was “aus dem<br />

planenden Willen <strong>und</strong> den Interventionen Gottes” (230) hervorgeht. Am Ende des Neuen Reiches<br />

steht denn auch im Priesterstaat von Theben eine Art Kirchenstaat, in dem die neue Theologie<br />

des Willens <strong>und</strong> die ramessidische Geschichtstheologie konsequent umgesetzt ist: “Jetzt<br />

übernimmt der Wille Gottes im Medium des thebanischen Orakels die Regierung <strong>und</strong> entscheidet<br />

nicht nur die Staatsaktionen, sondern auch die Alltagsgeschäfte. Die Religion gewinnt einen<br />

anderen Aggregatzustand. Sie wird von einem wichtigen Aspekt der Kultur zu einem<br />

entscheidenden geschichtlichen Faktor, zum Agenten einer durchgreifenden Umgestaltung.”<br />

(231) Auf neue, aber nicht weniger wirksame Weise stellt sich hier eine Verbindung von Staat<br />

<strong>und</strong> Religion für Ägypten her, die wiederum auf eine “Hierarchie” im Doppelsinne de Wortes<br />

hinausläuft: Die “heilige Ordnung” des Staates, zuerst ermöglicht vom Schöpfergott zur Heilung<br />

der gespaltenen Welt, wird nun nicht mehr vom Pharao als Horus oder Sohn Gottes<br />

aufrechterhalten, sondern von dem Pharao, der den Willen Gottes erk<strong>und</strong>et, sich in persönlicher<br />

Frömmigkeit “in seine Hand setzt” <strong>und</strong> mit seiner Unterstützung rechnen darf. Die<br />

Legitimationsfigur also ist eine andere - das Ma’at-Konzept tritt in den Hintergr<strong>und</strong>; aber weder<br />

für die pyramidale gesellschaftliche Struktur noch im Hinblick auf Gewaltenteilung <strong>und</strong><br />

Partizipation ergeben sich daraus irgendwelche Veränderungen.<br />

Erst nach der Dritten Zwischenzeit <strong>und</strong> dem Seevölkersturm ergeben sich gewisse

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!