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2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

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81<br />

wichtigste Herrschaftsinstrument war.” 180 Das Land wird nun in Gaue eingeteilt mit dem Ziel,<br />

dass die Verwaltung der Provinz die Versorgung der Residenz sichert <strong>und</strong> diese umgekehrt für<br />

die Versorgung der Provinz aufkommt <strong>und</strong> eine konstant hohe <strong>und</strong> von der<br />

Überschwemmungshöhe unabhängige Gr<strong>und</strong>versorgung gewährleistet ist. In der steinernen<br />

Sprache seiner Pyramiden schuf sich diese Zeit einen sichtbaren <strong>und</strong> Identifikation<br />

ermöglichenden symbolischen Ausdruck. 181 Das folgende Chaos der Ersten Zwischenzeit beruht<br />

allerdings wahrscheinlich auf endogenen Ursachen eben dieses Systems, weil sich in immer<br />

stärkerem Maße die herrschende Schicht der Residenzkultur nur noch wie ein hauchdünner Firnis<br />

über das Land zieht <strong>und</strong> der Abstand zur Bevölkerung in der Provinz immer größer wird mit der<br />

Folge, dass die Herrschaft nicht mehr durchdringt. Es ergibt sich “eine politische <strong>und</strong> soziale<br />

Partizipationsstruktur von äußerster Künstlichkeit <strong>und</strong> Instabilität. Das Alte Reich erweist sich als<br />

eine höchst artifizielle Konstruktion. Das Volk hat praktisch keinen Anteil an der Herrschaft <strong>und</strong><br />

an der Kultur.” 182 In der Ersten Zwischenzeit erstarken daher die Provinzgeschlechter, <strong>und</strong> es<br />

entsteht das neue Bild des für die Klientel seiner Untertanen unmittelbar sorgenden Patrons, das<br />

an die Stelle des nur dem König verpflichteten Leitbildes des Beamten im Alten Reich tritt <strong>und</strong><br />

sich in den Grabinschriften der Gaufürsten in selbstBewussten Leistungsberichten zu Wort<br />

meldet (s. o. unter <strong>2.</strong> 3)<br />

Das Königtum des Mittleren Reiches “übernimmt die ‘patronale’ Sinnformation der Ersten<br />

Zwischenzeit <strong>und</strong> mit ihr die Rhetorik der Krise, Entscheidung <strong>und</strong> Heilswende. Wie die<br />

Magnaten <strong>und</strong> Gaufürsten der Ersten Zwischenzeit ihr selbstherrliches Handeln als Abwendung<br />

einer gegenwärtigen, überall sonst herrschenden Katastrophe legitimieren, so legitimiert sich der<br />

Staat des Mittleren Reichs als Abwendung einer vergangenen Katastrophe. Diese Katastrophe<br />

wird als Erinnerung an die Erste Zwischenzeit ausgemalt. Das Mittlere Reich, mit anderen<br />

Worten, braucht die Erste Zwischenzeit im Sinne eines Chaos, von dem es sich als Rettung<br />

absetzen kann, weil es die Sinnformation der Ersten Zwischenzeit übernimmt. ... Nur der Pharao<br />

kommt als Protagonist einer globalen Heilswende in Betracht, der eine heillose, aus den Fugen<br />

geratene Welt zu erretten imstande ist. Auf dieser Ebene entwickelt sich die Rhetorik der<br />

Heilswende zu einem politischen Messianismus, der die Sinnformation des Mittleren Reichs<br />

kennzeichnet. Das Sendungsbewusstsein der 1<strong>2.</strong> Dynastie ist nichts anderes als die gesteigerte<br />

<strong>und</strong> verallgemeinerte Form der patronalen Ideologie der Ersten Zwischenzeit.” 183 Nicht die<br />

Geschichtsschreibung, sondern die “Klage” (wie die “Prophezeiungen des Neferti”) oder die<br />

180 Ebd. 60.<br />

181 Eine gute Zusammenfassung zu Gr<strong>und</strong>zügen des Alten Reiches bei J. Assmann 1992a, 247 ff.<br />

182 J. Assmann 1996, 64.<br />

183 Ebd. 122 f.

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