23.11.2013 Aufrufe

2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

7<br />

oder Mitmenschen aus Gehorsam gegenüber einer Gottheit hätte widersetzen können. Es<br />

wäre auch der Fall <strong>und</strong>enkbar, dass sich im pharaonischen Ägypten ein Einzelner aus den<br />

Bindungen gegenüber dem König <strong>und</strong> den Mitmenschen zurückgezogen hätte, um ganz<br />

seiner religiösen Bindung zu leben.” (19)<br />

- Auf der anderen Seite steht der Typ der “sek<strong>und</strong>ären” Religion qua “Bekenntnisreligion”,<br />

die sich im Sinne einer “normativen Selbstdefinition” 17 “auf ein System von<br />

Überzeugungen <strong>und</strong> Verpflichtungen” bezieht, “das von den allgemeinen F<strong>und</strong>ierungen<br />

des Zusammenlebens unterschieden ist <strong>und</strong> zu diesen in Konflikt geraten kann.” (20) Im<br />

Unterschied zu den Traditionsreligionen gelten die Götter in den Bekenntnisreligionen<br />

daher nicht als evident, sondern der Glaube “richtet sich auf Inhalte, die der natürlichen<br />

Evidenz entzogen sind.” (22) “Die Übersetzbarkeit der heidnischen Götter beruht darauf,<br />

dass sie etwas anderes als sich selbst bedeuten. Sie haben einen Bezug auf etwas<br />

außerhalb ihrer, eine ‘Referenz’, wodurch sie miteinander vergleichbar, einander<br />

gleichsetzbar werden. 18 Der Gott einer Bekenntnisreligion jedoch bedeutet nur sich selbst:<br />

‘Ich bin, der ich bin.’ “ (23) Folglich gehören zu diesem Typ der Religion Konversion,<br />

Apostasie, Anachorese <strong>und</strong> Märtyrertum, eine “ ‘alternative Lebensform’, die sich in<br />

bewussten Gegensatz zur Tradition der ‘Kultur’ stellt. Ein strikt nach den Forderungen<br />

solcher Religionen geführtes Leben impliziert die Auswanderung aus den traditionellen<br />

Lebensformen <strong>und</strong> Alltagsnormen der Kultur. Eine solche Sezession aus der ‚Kultur’ in<br />

einen alternativen Lebensstil kennzeichnet die orphischen <strong>und</strong> pythagoräischen Sekten<br />

sowie die späteren Philosophenschulen (Akademie, Peripatos, Lykaion, Stoa) in<br />

Griechenland, das israelitische ‘Heiligkeitsgesetz’ <strong>und</strong> die prophetische Bewegung, die<br />

jüdischen <strong>und</strong> urchristlichen Bewegungen, die gnostischen, hermetischen <strong>und</strong> sonstigen<br />

religiösen Sekten der Spätantike, die hinduistischen Entsager <strong>und</strong> Asketen, die<br />

buddhistischen Mönche, konfuzianischen Asketen-Gelehrten <strong>und</strong> daoistischen Einsiedler<br />

usw. Überall stellt sich eine neue, strikteren Ordnungen verpflichtete Lebensform der<br />

traditionellen - stellt sich ‘Wahrheit’ der ‘Gewohnheit’ - entgegen, wird Religion im<br />

Sinne von Tradition zum ‘Heidentum’ degradiert.” (20)<br />

Wohl nicht zufällig findet man in der Gruppe der “sek<strong>und</strong>ären Religionen” das um einige Namen<br />

späterer Durchbrüche erweiterte Panoptikum der Jaspers’schen Achsenzeit wieder versammelt -<br />

aber Altägypten ist trotz des hohen Grades reflexiver Rationalität in seinem Ma’at-Konzept nicht<br />

17 Der Ausdruck stammt von Sanders (Hg.) 1980.<br />

18 Assmann verweist in diesem Zusammenhang auf die keilschriftlichen Listen von bis zu acht Panthea mit<br />

korrelierenden Götternamen <strong>und</strong> auf das bekannte Phänomen der Interpretationes Graecae <strong>und</strong> Latinae.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!