2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg
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Wahrscheinlichkeit nach ebenso sehr durch deren Funktion innerhalb des Polisbildungsprozesses<br />
bestimmt, wie dieser Prozess eine Sache der Intelligenz war. Die Isonomie war wesentlich ein<br />
Kind der Philosophie, genauer: des politischen Denkens. Der politische <strong>und</strong> der intellektuelle<br />
Prozess waren aufs engste miteinander verquickt.” (94 f.) Denn da “die Griechen ... ja keine<br />
Griechen vor sich” hatten, “um von ihnen zu lernen” konnte es ohne “intellektuelle<br />
Antizipationen” (95) des Neuen, die von der gesellschaftlichen Wirklichkeit abstrahierten, nicht<br />
zur Demokratie kommen, die ganz neue Institutionen erforderte, Herrschaft völlig neu<br />
institutionalisieren musste, eine starke, konkurrenzlose Bürger-Identität erforderte <strong>und</strong> somit<br />
einen<br />
tiefen Identitätswandel erforderte. Die Griechen der archaischen Zeit brauchten daher “in<br />
besonders hohem Maße ein Denken, das auf das Ganze gerichtet war, weil sie auf keine Instanz,<br />
sondern nur aufeinander bauen konnten, also auf ein Ganzes, das sie miteinander bildeten <strong>und</strong> das<br />
vermutlich besonderer gedanklicher Vermittlungen bedurfte.” (96) Man kann in dieser<br />
Beschreibung Meiers ohne große Mühe eine bestätigende Reformulierung dessen finden, was<br />
über den Zusammenhang von sek<strong>und</strong>ärer Rationalität, autonomer Individualität, hypoleptischagonistischer<br />
Kommunikation <strong>und</strong> anthropozentrischer Historizität der Griechen bisher<br />
entwickelt wurde - <strong>und</strong> eine Übertragung auf das Politische. Auch in Meiers Skizze der<br />
geschichtlichen Entwicklung <strong>und</strong> ihrer Zusammenhänge, die im Folgenden in vier Schritten<br />
stichpunktartig dargestellt werden soll, werden diese Kategorien ganz deutlich:<br />
1. Zu den historischen Voraussetzungen der historischen Entwicklung bei den Griechen zur<br />
Bildung von Poleis gehört demnach:<br />
- dass weder geographische noch klimatische Gründe für größere gemeinsame Organisationsleistungen<br />
sprachen (anders als in den “hydraulischen Kulturen” der großen Flusssysteme) <strong>und</strong><br />
insofern schon der äußere Rahmen (auch wegen der reichen <strong>und</strong> kleinräumigen landschaftlichen<br />
Gliederung Griechenlands) eine plurizentrische Struktur begünstigte<br />
- die Tatsache, dass die Ägäis in der archaischen Zeit “ein weltpolitisches Vakuum darstellte, für<br />
das sich keine größere Macht interessierte” (102), so dass die äußere Lage keine<br />
Zusammenballung von entsprechenden größeren Machtkomplexen erforderte. Andererseits kam<br />
man doch über den Handel in Berührung mit den vorderasiatischen Hochkulturen, “so dass sich<br />
eine eigenartige Kombination zwischen Berührung <strong>und</strong> Unberührbarkeit ergab: Anregungen,<br />
Kenntnisse, Vorbilder in der Lebenshaltung sowie zahlreiche Güter konnten die Griechen<br />
erreichen, ohne dass sie politisch in den Bannkreis der östlichen Reiche geraten wären. Ebendies<br />
scheint ihre Aktivität, scheint auch einen gewissen DifferenzierungsProzess angetrieben zu