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2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

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Vielleicht am deutlichsten zeigt sich der Unterschied der Wahrnehmung in der Kunst. “Die unter<br />

verschiedenen Aspekten gewonnenen jeweiligen Ergebnisse bleiben bei aspektivischer<br />

Apperzeptionsweise offen nebeneinander stehen, werden nicht in einem geschlossenen System<br />

harmonisiert.” (5) Während es bei den Griechen seit der klassischen Zeit eine tiefenräumlichperspektivische<br />

Darstellung gibt, finden wir bei ägyptischen Bildern eine flächige Breite, denen<br />

Körperlichkeit <strong>und</strong> Raumtiefe fehlen <strong>und</strong> die mit der Sehbildwirklichkeit nicht übereinstimmen.<br />

Das läßt ägyptische Figuren <strong>und</strong> Reliefs als umgeklappt, verdreht, unbeholfen erscheinen, ebenso<br />

wie die entsprechenden Produkte der anderen Kulturvölker vor der griechischen Klassik. “Das<br />

Bildganze ist Teil um Teil (richtig) erfasst, bzw. diese Teile sind addiert zu einem gefälligen<br />

Ganzen.” (7) Das Ganze wird also “Aspekt um Aspekt gelesen”. Dabei bleibt die Addition “in<br />

Ägypten freilich an sinnbedingte Position geb<strong>und</strong>en, das Benachbartsein ist als Relation erfasst,<br />

Lage <strong>und</strong> Maße, aber nur bedingt die Richtung sind dem Ganzen angepasst. Ein Auge sitzt nicht<br />

am Knie (wie bewusst etwa bei Picasso), die Teilformen sind in die Ordnung des Ganzen<br />

einbezogen, aber - im Unterschied zur Perspektive - als relativ selbständige Einheiten, deren<br />

Sosein für sich begriffen ist als formkonstantes Element. Die perspektivisch-tiefenräumliche<br />

(egozentrische) Darstellweise zeitigt andere Bilder als die aspektivische: Sie wird dem Binnenteil<br />

nur bedingt gerecht, d. h. nur soweit, wie dieser sich dem Ganzen unterordnet. Die einzelnen<br />

Teile sind dabei verzerrt oder verkürzt; dagegen kommt das Bildganze als eine Einheit in den<br />

Blick, so wie es optisch erscheint. Aspektive <strong>und</strong> Perspektive unterscheiden sich, kurz gesagt,<br />

durch die Beziehung der Binnenteile zum Ganzen.” (8)<br />

Aspektive <strong>und</strong> Perspektive werden daher auch unter dem Gesichtspunkt des Wissens als visueller<br />

<strong>und</strong> intellektueller Realismus gegenübergestellt. Bei perspektivischer Betrachtung versucht man<br />

die Darstellung eines Gegenstandes mit der “Absicht, auf der ebenen (zweidimensionalen)<br />

Zeichenfläche (dreidimensionale) Raumtiefe zu illusionieren. ... Denn Perspektive ist geb<strong>und</strong>en<br />

an eine organisch-einheitliche Auffassung des in seinen Teilen allseitig-funktional miteinander in<br />

Beziehung stehenden Objektes. Abstände verkürzen sich nach der Tiefe hin. Körper- <strong>und</strong><br />

Schlagschatten verdeutlichen Körper bzw. Raum. In der Malerei sind die Lokalfarben in Tönen<br />

abgestuft <strong>und</strong> kombinationsfähig, der Kontur wird enthärtet zu einer Linie, die Dehnung<br />

andeutet.” (8) Hier ist das Ganze mehr als die Summe seiner Teile, eine “Übersumme”. Dieses<br />

Ganze kommt erst in den Blick, wenn man sich nicht in der Ebene, sondern im Raum orientiert.<br />

Was sich zwischen der Wahrnehmungsweise der Aspektive <strong>und</strong> der Perspektive ändert, ist dabei<br />

nicht die erkenntnismäßig-optische Wahrnehmungsweise, sondern die kognitiv-psychische<br />

Denken im Zusammenhang steht mit dem Wechsel von der Dominanz der linken zur Dominanz der rechten<br />

Hirnhälfte (155 ff.). Auch die folgenden Zitate sind aus Brunner-Traut, 1990.

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