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2. Ma'at und Logos. - Vergleichende - Dittmer, Jörg

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87<br />

Meier geht von einer Überzeugung aus, die nach den bisherigen Überlegungen nicht nur zu<br />

unterstreichen, sondern eher noch zu ergänzen wäre: “Es muss ein Zusammenhang bestanden<br />

haben zwischen dem welthistorisch bedeutsamsten, auch innerhalb der ‘Achsenzeit’ einzigartigen<br />

Ereignis der griechischen Demokratie respektive ihrer Vorform, der Isonomie (denn die<br />

Demokratie war wohl nur infolge der Perserkriege möglich) <strong>und</strong> der Herausbildung der<br />

griechischen Intelligenz.” 191 Nach kurzen Bemerkungen über die Problematik der Quellen, die<br />

“direkt keine Auskunft über den Prozess der Herausbildung der griechischen Intelligenz” 192<br />

geben, so dass vieles nur auf dem Wege des Rückschlusses aus einzelnen Anhaltspunkten<br />

gewonnen werden kann, <strong>und</strong> über die zusätzliche Problematik fehlender welthistorischer<br />

Parallelen zum Verstehen des Vorgangs 193 , betont Meier im Unterschied zu Humphreys eher<br />

soziologischen Untersuchungen 194 die Notwendigkeit, das Spezifische der griechischen<br />

Entwicklung durch Aufklärung des historischen Werdegangs zu erfassen, wenn man verstehen<br />

will, wie <strong>und</strong> warum “eine ganze Schicht von Intellektuellen zunehmend unabhängig vom<br />

gesellschaftlichen Kontext wurde <strong>und</strong> ... auf dessen Überwindung hinarbeitete. ... Diese<br />

Unabhängigkeit gewannen die griechischen Intellektuellen, wie man wahrscheinlich machen<br />

kann, im Rahmen einer geistigen Bewegung, die weit über die einzelnen Rollen hinausging <strong>und</strong><br />

ihnen erst ihre Virulenz verlieh.” (93) Gegenüber Jean-Pierre Vernant erhebt er daher den<br />

Vorwurf, dass er “in eigentümlicher Weise das Rätsel zur Lösung” mache, weil er Ergebnisse des<br />

zur Isonomie <strong>und</strong> Demokratie hinführenden Prozesses (Diskussion auf dem Markt,<br />

Öffentlichkeit, Rhetorik, Bewusstsein der Bürger von Ähnlichkeit oder Gleichheit) schon als<br />

Voraussetzung an den Anfang stelle, vor die Krise der archaischen Zeit: “Dieser Krise aber<br />

verdanken diese Dinge vielleicht nicht ihre Existenz, aber ihre Bewahrung <strong>und</strong> Befestigung, ihre<br />

Rolle im gesellschaftlichen Kontext.” (93.) Statt sich jedoch an die aussichtslose Frage nach der<br />

Priorität von gesellschaftlich-historischer Wirklichkeit oder politischem Denken zu verlieren, gilt<br />

es vielmehr zu erkennen, “dass das Denken der Griechen nicht einfach ein Produkt der Umstände<br />

ist, die in Richtung auf die Demokratie führten, sondern diese Umstände seinerseits stark<br />

beeinflusst hat.” Und er fährt fort: “Die Herausbildung der griechischen Intelligenz ist aller<br />

191 Meier 1987, 89. Die folgenden Zitate sind diesem Aufsatz entnommen. Meier bedenkt hier <strong>und</strong> im Folgenden vor<br />

allem die Wechselwirkungen zwischen Rationalität, Kommunikabilität <strong>und</strong> Politizität <strong>und</strong> bezieht die Faktoren der<br />

Individualität <strong>und</strong> Historizität nicht explizit mit ein. Eine “Griechische Geistesgeschichte” auf dem neuesten Stand<br />

der Forschung, die den Leitfaden dieser (<strong>und</strong> evtl. ergänzender) Kategorien verfolgt <strong>und</strong> sich nicht an einzelne<br />

Autoren, einzelne Werke oder alte Fragestellungen verliert, scheint mir ein dringendes Desiderat zu sein - vielleicht<br />

sogar ein Desiderat der Forschung.<br />

192 Meier 1987, 90. Auch im Weiteren folge ich diesem Aufsatz.<br />

193 Am ehesten vergleichbar scheint noch die Philosophie Chinas - nicht jedoch dessen politische Struktur - zu sein,<br />

“die der griechischen in manchem ähnelt, auch nicht ganz einfach von ihr abzusetzen ist. Umso interessanter wäre<br />

der Vergleich zwischen der einen <strong>und</strong> der anderen Intelligenz <strong>und</strong> ihrer Philosophie sowie zwischen den<br />

Beziehungen von Intelligenz <strong>und</strong> Philosophie zur gesellschaftlichen Struktur hier <strong>und</strong> dort.” (ebd. 91)<br />

194 Vgl. Humphreys 1987.

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