Bild - Verband Bildungsmedien eV
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Hauptschule: Silbernagel/Meyer-Hesemann/Beckmann/Oelkers<br />
Diejenigen, die nicht aufs Gymnasium gehen, kommen auf eine<br />
Sekundarschule und gehen in Richtung Beruf. Wir haben ja eine<br />
noch niedrigere Maturitätsquote als in Deutschland. Vorhin<br />
wurde gesagt, die Quote hierzulande sei zu gering. Bei uns liegt<br />
die Quote der gymnasialen Matura landesweit um 20 Prozent,<br />
dann haben wir etwa 12 Prozent Berufsmatur, aber nur 4 Prozent<br />
Jugendarbeitslosigkeit. Das ist die niedrigste Quote im<br />
ganzen europäischen Vergleich, was damit zusammenhängt,<br />
dass wir viel tun für differenzierte berufliche Ausbildungsmöglichkeiten.<br />
Bis der Erfolg von Maßnahmen zur Schulentwicklung wahrnehmbar<br />
wird, müssen Sie 10, 20 Jahre rechnen. Die dafür notwendige<br />
kohärente Politikstrategie ist mühsam durchzusetzen.<br />
Aber dass das in einer Großen Koalition möglich ist, zeigt, dass<br />
die Fronten von vor 30 Jahren verschwunden sind. Jetzt geht es<br />
darum, den richtigen Weg einzuschlagen, und ich denke, das<br />
wissen wir auch aus Vergleichsstudien. Die Politikstrategie ist<br />
eines solchen Befundes verbietet, Systemdebatten zu führen.<br />
Vielmehr sollten, wenn man so etwas weiß, gerade deswegen<br />
Systemdebatten geführt werden.<br />
Zu den Standards: Wir haben unsere Standards formuliert als<br />
Mindeststandards. Jetzt können Sie sich fragen, warum die<br />
Schweizer sich dafür entschieden haben. Das Ganze ist ein Problem<br />
der Demokratie. Wir wollen, dass alle Schüler einen<br />
bestimmten Mindeststandard erreichen, und das wollen wir<br />
kontrollieren. Alle sollen eine Chance haben, dorthin zu kommen.<br />
Es ist keine Frage des Abschlusses. Wir wollen die Möglichkeit<br />
etablieren, in der Schule einen Mindeststandard zu<br />
erreichen. Wenn bestimmte Kompetenzen nicht erreicht werden,<br />
sind die Schulen, die Kantone aufgerufen, zu investieren,<br />
damit die Schüler gezielt gefördert werden können, um einen<br />
bestimmten Standard zu erreichen. Die Begründung für dieses<br />
Vorgehen ist eine demokratietheoretische und keine schulformtheoretische.<br />
„Bis der Erfolg von Maßnahmen zur Schulentwicklung wahrnehmbar wird, müssen Sie 10, 20<br />
Jahre rechnen. Die dafür notwendige kohärente Politikstrategie ist mühsam durchzusetzen …<br />
(doch sie ist) deswegen so wichtig, weil sie über den Wechsel der Legislatur hinaus kohärent<br />
sein muss. Wenn Sie jedes Mal ein neues Gesetz machen, kommt die Schule keinen Meter<br />
voran.“<br />
deswegen so wichtig, weil sie über den Wechsel der Legislatur<br />
hinaus kohärent sein muss. Wenn Sie jedes Mal ein neues<br />
Gesetz machen, kommt die Schule keinen Meter voran.<br />
Ich möchte noch etwas zu den Pisa-Plätzen sagen. Wir haben in<br />
der Schweiz in Mathematik einen ähnlichen Rang wie Finnland.<br />
Das liegt auch daran, dass Mathematik und Rechnen bei uns<br />
Volkssport sind, aber die Begründung ist, dass wir durch alle<br />
Schulstufen hindurch ein sehr hoch dotiertes Fach haben. Das<br />
ist der Hauptgrund neben sonstigen Faktoren. Wir haben in den<br />
Naturwissenschaften in der zweiten Studie aufgeholt; im Lesen<br />
gibt es kantonal sehr starke Unterschiede, und deswegen gibt<br />
es auch Lesekampagnen. Lesen ist ja nicht nur ein Problem des<br />
Deutschunterrichts, Lesen muss ein Angebot der gesamten<br />
Schule sein. Das zu bearbeiten ist schwieriger als in der Naturwissenschaft,<br />
aber das Problem ist erkannt und seine Lösung<br />
auf den Weg gebracht. Ich glaube nicht, dass es sich angesichts<br />
Wenn eine Systemdebatte sinnvoll sein soll, dann muss man<br />
solche Fragen zulassen. Es muss erlaubt sein zu fragen, ob es für<br />
bestimmte Schülergruppen in einem anderen System mehr<br />
Chancen gibt, als im jetzigen System bestehen. Darauf gibt es<br />
eigentlich nur eine Antwort. Gegliederte Schulsysteme haben<br />
den Nachteil, dass sich die einmal getroffene Selektion relativ<br />
schnell verfestigt. Von oben nach unten gibt es eine starke<br />
Durchlässigkeit, umgekehrt fast nicht mehr. An der Stelle, an<br />
der man einmal gelandet ist, bleibt man zumeist. Das ist übrigens<br />
auch der Grund, weshalb wir im Kanton Zürich eine Änderung<br />
vornehmen wollen. Wir haben dort noch eine Dreigliederung<br />
in der Sekundarstufe I mit einer sehr geringen Durchlässigkeit.<br />
Wenn man etwas verändern und einen praktischen Beitrag<br />
zur Chancengleichheit leisten will, muss man dieses Dreiersystem<br />
auflösen. Das neu eingeführte System, etwa ein Zwei-<br />
Wege-Modell, muss Durchlässigkeit garantieren, und zwar nach<br />
Leistung.<br />
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