Bild - Verband Bildungsmedien eV
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Und das Letzte, was ich in meiner einleitenden Bemerkung zu<br />
diesem Thema sagen will, ist etwas zur Verteilung von Schulversäumnissen.<br />
Es gibt in Berlin seit einigen Jahren eine regelmäßige<br />
Erhebung von Schulversäumnissen, und die Ergebnisse<br />
können Sie auch im Internet nachlesen. Dort finden Sie zu jeder<br />
Schule Angaben zur Quote der versäumten Schultage, mit Klassenstufe<br />
und Auskunft zu den unentschuldigt versäumten Fehltagen<br />
in der Schule. Dabei zeigt sich ganz deutlich, dass es eine<br />
eindeutige Konzentration von Schulversäumnissen in den<br />
Schularten Sonderschule für Lernbehinderte und Erziehungsschwierige<br />
sowie Hauptschule gibt. In der Hauptschule sind es<br />
insbesondere die beiden letzten Klassenstufen, in denen sich<br />
über die Hälfte aller Schulversäumnisse konzentrieren. Darüber<br />
hinaus besteht ganz offensichtlich ein enger Zusammenhang<br />
zwischen Schullaufbahn und Schulversäumnissen, denn es<br />
zeigt sich, dass sich die Schulversäumnisse insbesondere bei<br />
denjenigen Schülerinnen und Schülern häufen, die ein oder<br />
zwei Klassenwiederholungen hinter sich haben und folglich in<br />
ihrer regulären Schullaufbahn keine Perspektive mehr haben,<br />
einen Schulabschluss zu erreichen. Das zur Einleitung, um<br />
Ihnen ein kleines Szenario zu den Verhältnissen in diesem<br />
Bereich zu geben.<br />
Ich denke, ein Punkt, den Frau Kampe eben angeschnitten hat,<br />
ist ungeheuer wichtig. Wir müssen sehen, dass es in dieser<br />
Gesellschaft ein quasi verfassungsrechtlich gesichertes Recht<br />
aller jungen Menschen auf <strong>Bild</strong>ung gibt und dass dieses Recht<br />
eingelöst werden muss. In den meisten Bundesländern sind es<br />
die Schulen, die nach dem Schulgesetz oder nach der Landesverfassung<br />
so zu gestalten sind, dass alle jungen Menschen ihr<br />
Recht auf <strong>Bild</strong>ung einlösen können. Von daher ist es natürlich<br />
hoch dramatisch, wenn die Reintegration junger Menschen in<br />
Schule nicht gelingt. Wir müssen uns angesichts dieser Tatsache<br />
fragen, wie wir damit umgehen wollen.<br />
Bei der Jugendhilfe gibt es im Unterschied zur Schule keine<br />
Jugendhilfepflicht, und die Jugendhilfe vermag auch nicht, die<br />
Schulpflicht bzw. den Schulbesuch einzufordern. Es kann zwar<br />
gestattet werden, dass junge Leute ihre Schulpflicht durch den<br />
Besuch von Einrichtungen der Jugendhilfe ableisten und somit<br />
straffrei bleiben. Aber die Angebote der Jugendhilfe bieten<br />
keine Garantie dafür, dass sie alle jungen Menschen, die nicht<br />
in die Schule gehen, auch erreichen. Von daher ist es entscheidend,<br />
dass wir die Schule nicht aus der Pflicht entlassen, für<br />
alle Kinder und Jugendlichen zuständig zu sein – was nicht ausschließt,<br />
dass die Jugendhilfe tätig wird. Es muss aber sichergestellt<br />
sein, dass auch die Schule mit ihren Mitteln ihre Verpflichtung<br />
wahrnimmt.<br />
Wir haben in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Erfahrungen<br />
damit gemacht, wie Schule zumindest wesentlich mehr<br />
junge Leute erreichen kann, als es derzeit der Fall ist. Da spielen<br />
insbesondere all die Projekte in den Schulen eine große<br />
Rolle, in denen es um die Vorbereitung junger Menschen auf<br />
den Übergang ins Berufsleben geht. Die Praxisklassen Bayern<br />
und ähnliche Modelle in anderen Bundesländern haben ganz<br />
erstaunliche Erkenntnisse erbracht. Einerseits zeigt sich, dass<br />
ein nennenswerter Teil derjenigen, die die Schule unregelmäßig<br />
besuchen oder zu meiden suchen, über diese Projekte wieder<br />
erreicht wird. Ein großer Teil dieser jungen Leute bewältigt so<br />
durchaus auch den Übergang in eine Ausbildung. Und damit<br />
haben wir schon viel erreicht. An diesem Weg müssen wir weiter<br />
arbeiten. Diese Projekte zeigen auch, dass es sehr lohnend<br />
ist, auch die Kompetenzen und Ressourcen der Jugendhilfe für<br />
diese jungen Leute zu mobilisieren. Aber wir brauchen auch<br />
weiterhin eine rechenschaftspflichtige Institution, die nachweist,<br />
dass sie ihre Pflicht erfüllt und mit allen Mitteln versucht,<br />
die jungen Leute zu erreichen. Und das muss in meinen<br />
Augen die Schule sein.<br />
Das pädagogische Verhalten von Schulen kann sehr wohl Wirkung<br />
zeitigen. Ich habe mir in Berlin viele Schulen angesehen<br />
und festgestellt, dass Schulen mit ganz ähnlichen Rahmenbedingungen<br />
des Sozialraums, der Schülerzusammensetzung<br />
durchaus unterschiedliche, und zwar erheblich unterschiedliche<br />
Schulbesuchsquoten und Schulvermeidungsquoten aufweisen.<br />
In dieser Hinsicht spielt das pädagogische Verhalten der Schulen<br />
eine Rolle und insbesondere ihre Angebote, die die Berufsorientierung<br />
betreffen. Wir hatten in der vorigen Runde auf<br />
diesem Podium Herrn Oelkers aus der Schweiz, der darauf hinwies,<br />
dass in der Schweiz die Jugendarbeitslosigkeit bei vier<br />
Prozent liegt. Dort bemessen die Schulen sich und ihren Erfolg<br />
nicht nur daran, ob ein Abschluss nach schulischen Kriterien<br />
erreicht wird, sondern durchaus auch daran, wie weit es<br />
gelingt, junge Menschen auf den Übergang in Ausbildung und<br />
Arbeit vorzubereiten. Genau das brauchen wir, wenn wir mit<br />
dem Problem Schulversäumnisse umgehen wollen. Dass wir in<br />
Deutschland 10 oder 15 Prozent junge Leute ohne Ausbildung<br />
haben, ist keine universelle Konstante, sondern es hat sehr<br />
wohl etwas damit zu tun, um welche Leute es sich handelt. Das<br />
Ausbildungsplatzproblem erfordert Handeln auf beiden Seiten<br />
des Marktes. Es braucht einerseits selbstverständlich ein auswahlfähiges<br />
Angebot an Ausbildungsplätzen, aber andererseits<br />
auch beruflich orientierte Jugendliche, die eine vernünftige<br />
Vorstellung von ihrer Zukunft entwickelt haben. Vernünftig<br />
heißt für mich: in realistischer Einschätzung ihrer Wünsche,<br />
Möglichkeiten, Interessen und Ansprüche an das Leben und in<br />
Bezug darauf, welches ihr Platz in der Arbeitswelt sein kann.<br />
Doch dieses Thema hat unsere Schule in der Vergangenheit viel<br />
zu wenig behandelt. Daher brauchen wir gerade im Hinblick auf<br />
diese Gruppe von jungen Leuten, die eher aus den Strukturen<br />
herauszufallen drohen, eine Entwicklung der Beziehung zwischen<br />
Schule und Arbeitswelt. Die Schule muss sich zur Arbeitswelt<br />
hin öffnen. Die Erfahrung, die wir mit solchen Projekten<br />
haben, erbringt zweierlei Erfolge. Der eine Erfolg ist, dass der<br />
Schulbesuch regelmäßiger wird, und der andere, dass sich die<br />
Übertrittsquoten in die Ausbildung erheblich verbessern. Man<br />
kann also etwas tun.<br />
Natürlich ist es auch richtig, dass sich das Arbeitsplatz- und<br />
Ausbildungsplatzangebot hinsichtlich der Anforderungen, die<br />
gestellt werden, verändert hat. Doch das bedeutet nicht, dass<br />
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