Bild - Verband Bildungsmedien eV
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Fördern ohne zu überfordern: Fried/Kammermeyer/Lassek<br />
bestehen sie darauf, dass ihr Kind das Recht hat, glücklich zu<br />
sein, sich wohl zu fühlen, seine Bedürfnisse zu leben. Das alles<br />
gilt es auszutarieren. Dem Kind muss neben sprachlicher, kognitiver<br />
und fachbezogener Förderung immer genügend Gelegenheit<br />
gegeben werden, auch seine motorischen Bedürfnisse,<br />
sein Spielbedürfnis und seine sozial-emotionalen Bedürfnisse<br />
auszuleben.<br />
Dass wir so strikt trennen zwischen Kita und Grundschule,<br />
daran müssen wir auch arbeiten. Viele Grundschulen haben<br />
das bereits erkannt und machen betont sozial-emotionale<br />
Angebote. Sie achten darauf, dass die Kinder untereinander<br />
in der Schule auch ihr eigenes Leben führen können, dass<br />
sie sich gegenseitig anregen, miteinander etwas aushandeln<br />
können zum Beispiel, denn dafür Freiraum zu haben, ist<br />
besonders wichtig aus der Sicht der Kinder. Wir müssen in<br />
Bezug auf <strong>Bild</strong>ung in der Öffentlichkeit noch viel stärker verdeutlichen,<br />
dass es nicht nur auf das Erlernen von Schriftsprache<br />
und Mathematik ankommt, sondern genauso sehr auf<br />
die Aneignung von sozialer und künstlerischer Kompetenz.<br />
Der Kindergarten, aber auch die Grundschule, diese beiden<br />
untersten Stufen des <strong>Bild</strong>ungssystems sind von ihren Traditionen<br />
her am ehesten in der Lage darauf hinzuwirken, dass<br />
der <strong>Bild</strong>ungsbegriff auch wirklich in seiner ganzen Breite<br />
gesehen wird.<br />
Hier könnten jüngere Ansätze entscheidend weiterhelfen. Es<br />
gibt bereits zahlreiche Versuche, die strikte Trennung zwischen<br />
diesen beiden Bereichen, also dem Kindergarten und der Grundschule,<br />
zu überwinden, so unterschiedlich deren Ideen, Geschichten,<br />
Rahmenbedingungen oder die Art und Weise, wie sie<br />
ihr Personal ausbilden, auch sind. Ich will hier nur ein Projekt<br />
exemplarisch erwähnen, das in fünf Ländern der Bundesrepublik<br />
Deutschland derzeit läuft. Es ist das TransKiGS-Projekt. Dort<br />
versucht man sich einander anzunähern, indem man zum Beispiel<br />
systematisch und in Kooperation miteinander die <strong>Bild</strong>ungspläne<br />
so weiterentwickelt, dass es für die Fachkräfte<br />
leichter wird, die <strong>Bild</strong>ungsplanung auf die jeweiligen Kinder<br />
hin abzustimmen. Solche Kooperationen bedeuten natürlich<br />
einen hohen Aufwand, und erfordern ein hohes Engagement.<br />
Aber derartige Entwicklungen, das zeigen die Erfahrungen in<br />
anderen Ländern, können helfen, Gräben zwischen den <strong>Bild</strong>ungsinstitutionen<br />
zu überwinden.<br />
STATEMENT<br />
Gisela Kammermeyer<br />
1. Bei der Förderung den „Blick in die Breite“ durch einen<br />
„Blick in die Tiefe“ ergänzen<br />
Viele Erzieherinnen favorisieren eine allgemeine und ganzheitliche<br />
Förderung der Kinder, sie nehmen in ihren Förderansätzen<br />
vorwiegend einen „Blick in die Breite“ ein. Da wir heute wissen,<br />
dass Kinder in der Vorschulzeit wesentliche Fähigkeiten erwerben,<br />
die die Basis für das Weiterlernen in der Schule in den spezifischen<br />
Lernbereichen Schriftspracherwerb und Mathematik<br />
darstellen und mit vorschulischen Fähigkeiten Schulerfolg bzw.<br />
Schulversagen bis zum Ende der Grundschulzeit vorhergesagt<br />
werden können, reicht diese allgemeine und ganzheitliche Förderung<br />
nicht mehr aus.<br />
Die unersetzliche und grundlegende ganzheitliche Förderung,<br />
der „Blick in die Breite“, sollte ergänzt werden durch einen<br />
„Blick in die Tiefe“. Die Förderung sollte auch auf anschlussfähige<br />
<strong>Bild</strong>ungsprozesse in den Bereichen Schriftspracherwerb und<br />
Mathematik bezogen werden, die Förderung von phonologischer<br />
Bewusstheit und Wissen über Schrift sowie die Förderung<br />
des mengen- und zahlenbezogenen Vorwissens sollten in Kindertagesstätten<br />
ein stärkeres Gewicht erhalten.<br />
2. Die Förderung an den Interessen der Kinder orientieren<br />
Mit dieser Schwerpunktsetzung verstärke ich die Verschulungsgefahr<br />
und damit auch die Überforderungsgefahr. Sie ist dann<br />
gegeben, wenn die Förderung dieser anschlussfähigen <strong>Bild</strong>ungsprozesse<br />
darin besteht, dass für alle Vorschulkinder zur gleichen<br />
Zeit mit den gleichen lehrgangsmäßig aufgebauten Materialien<br />
eine Zahl nach der anderen, ein Buchstabe nach dem anderen<br />
systematisch eingeführt wird. Das entspricht nicht dem heutigen<br />
didaktischen Erkenntnisstand.<br />
Überforderung und Verschulung können verhindert werden<br />
durch die Orientierung der Förderung am Interesse der Kinder,<br />
am Interesse an Buchstaben und Lauten sowie an Mengen und<br />
Zahlen. Wenn Kinder Interesse haben, ist ihnen eine Sache<br />
wichtig, dann beschäftigen sie sich gerne damit, dann wollen<br />
sie mehr darüber erfahren und erwerben dabei beiläufig wichtiges<br />
anschlussfähiges Wissen. Wenn Kinder sich interessieren,<br />
dann machen sie Lernerfahrungen auf dem Niveau, das sie fördert,<br />
aber nicht überfordert. Bei Überforderung lässt ihr Interesse<br />
dagegen schnell nach.<br />
3. Die Förderung anschlussfähiger <strong>Bild</strong>ungsprozesse erfordert<br />
eine Erziehungs- und <strong>Bild</strong>ungspartnerschaft<br />
Die Förderung des für weiteres Lernen hoch bedeutsamen Vorwissens<br />
in der Kindertagesstätte kann dann effektiver erfolgen,<br />
wenn Erzieherinnen wissen, wie im Anfangsunterricht<br />
darauf aufgebaut wird. Lehrkräfte wiederum können besser an<br />
diesem Vorwissen anknüpfen, wenn sie wissen, was in der Kindertagesstätte<br />
wie gefördert wurde. Zusätzlich zu den bisherigen<br />
Kooperationsformen sollten diejenigen ausgebaut werden,<br />
die die inhaltliche Auseinandersetzung über anschlussfähige<br />
<strong>Bild</strong>ungsprozesse zwischen Erzieherinnen und Lehrkräften<br />
anregen und zu einer Erziehungs- und <strong>Bild</strong>ungspartnerschaft<br />
führen. Besonders wichtig sind dazu gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen<br />
für Lehrkräfte und Erzieherinnen, an<br />
denen die kooperierenden Personen als Tandem teilnehmen.<br />
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