Bild - Verband Bildungsmedien eV
Bild - Verband Bildungsmedien eV
Bild - Verband Bildungsmedien eV
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
lich die Zahl von 15 000 <strong>Bild</strong>ungsverlierern, die alljährlich ihre<br />
Schule ohne Abschluss verlassen. Dadurch, dass wir die Schulwahl<br />
ein Stück weit verbindlicher regeln, wollen wir dafür sorgen,<br />
dass die Frage der <strong>Bild</strong>ungsverlierer entschärft wird, weil<br />
jeder <strong>Bild</strong>ungsverlierer den Beweis dafür liefert, dass die passende<br />
Schulform eben nicht gefunden worden ist.<br />
Das Wesentliche eines gegliederten Systems ist, dass es durchlässig<br />
ist. Wichtig ist ja, dass die in Bezug auf das 5. Schuljahr<br />
getroffene Entscheidung nicht darüber entscheidet, ob jemand<br />
das Abitur machen kann oder nicht. Und genau das zeichnet<br />
das neue Schulgesetz aus, dass es als einen programmatischen<br />
Punkt umfasst, die Durchlässigkeit zu erhöhen. Denn wir brauchen<br />
ja insgesamt mehr Abiturienten. Das Problem unserer<br />
Gesellschaft besteht darin, dass wir zu viele Studienabbrecher<br />
und zu viele Jugendliche ohne Schulabschluss haben. Problematisch<br />
wird es also an der Leistungsspitze und im unteren<br />
Bereich der Leistungsskala. Darauf müssen wir antworten, müssen<br />
uns überlegen, wie wir das verbessern können. Eine Möglichkeit<br />
ist, dass man im Laufe seiner Schullaufbahn Schulen<br />
wechselt, etwa von der Realschule in die gymnasiale Oberstufe<br />
des Berufskollegs, und so den Weg zum Abitur gehen kann. Uns<br />
steht da ja eine ganze Palette zur Verfügung. Die bildungspolitische<br />
Diskussion vor dem Hintergrund eines gegliederten Systems<br />
greift zu kurz, wenn man den Weg zum Abitur nur über<br />
das Gymnasium als gegeben ansieht. In Baden-Württemberg<br />
etwa machen 25 Prozent eines Altersjahrgangs ihr Abitur an<br />
einem beruflichen Gymnasium, in Nordrhein-Westfalen sind es<br />
Wenn sich nun Eltern und Schule in der Empfehlung nicht einig<br />
sind, sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, dass die Kinder in<br />
den sogenannten Prognoseunterricht gehen. Das ist auch etwas,<br />
das sehr viele Eltern beschäftigt. Prognoseunterricht heißt,<br />
dass das Kind drei Tage lang an einem Unterricht teilnimmt und<br />
von einem Grundschullehrer, einem Lehrer der weiterführenden<br />
Schule und einem Vertreter der Schulaufsicht begutachtet wird.<br />
Danach wird dann entschieden, welche Empfehlung zum Tragen<br />
kommt, auf welcher Schule das Kind landet. Das Ausmaß der<br />
Aufregung über diese Verfahren korrespondiert jedoch nicht<br />
mit der Zahl der tatsächlich zu erwartenden Fälle. Damit wir wissen,<br />
wovon wir reden: Wir rechnen mit maximal zwei Prozent<br />
von 3600 Schülerinnen und Schülern in Nordrhein-Westfalen.<br />
Zum Prognoseunterricht selber muss man sagen, dass die Praxis<br />
im Land da sehr unterschiedlich aussieht. Wir werden unsere<br />
Erfahrungen damit sammeln. Natürlich sind die Lehrerinnen<br />
und Lehrer, die diesen Prognoseunterricht beurteilen, entsprechend<br />
dafür qualifiziert. Es handelt sich ja nicht um eine dreitägige<br />
Prüfung, sondern bewusst um einen Unterricht, der<br />
neben Leistungsanreizen auch entspannende Sequenzen<br />
umfasst. Diejenigen, die diesen Prognoseunterricht abhalten,<br />
sind, wie gesagt, Fachleute und wissen, wie sie mit Kindern<br />
umgehen müssen. Und sie wissen auch, dass am Ende des Prognoseunterrichtes<br />
alle drei Beteiligten, also der Vertreter der<br />
Schulaufsicht, der Vertreter einer Grundschule und der Vertreter<br />
einer weiterführenden Schule, einstimmig zu einem Urteil<br />
darüber kommen müssen, ob das Kind für die vonseiten der<br />
Eltern angestrebte Schulform geeignet oder ungeeignet ist.<br />
Wenn nur einer von diesen dreien bereit ist, dem Kind an der<br />
Schule eine Chance zu geben, gilt das als Empfehlung mit Einschränkung,<br />
sodass das Kind an der angemeldeten Schule starten<br />
kann. Dies zur Klärung des Sachverhalts. Selbstverständlich<br />
werden wir ihn aber evaluieren müssen, weil dieses Verfahren<br />
in diesem Jahr zum ersten Mal angewendet wird.<br />
„Die bereits erwähnte Zahl von 15 000 <strong>Bild</strong>ungsverlierern in unserem System ist auch ein<br />
Zeichen dafür, wo die Krise ihren Ursprung hat. Natürlich kann in einem Schulgesetz nur ein<br />
programmatischer Satz stehen. Wir haben festgeschrieben, dass wir die individuelle Förderung<br />
wollen und dass die Versetzung den Regelfall darstellt.“<br />
bisher rund 10. Das sind die Fragestellungen, auf die wir reagieren<br />
müssen. Es ist also zu statisch gedacht zu fragen, auf<br />
welchem Schultyp man im 8. Schuljahr ist, das ist sicherlich zu<br />
kurz gegriffen.<br />
Die bereits erwähnte Zahl von 15 000 <strong>Bild</strong>ungsverlierern in<br />
unserem System ist auch ein Zeichen dafür, wo die Krise ihren<br />
Ursprung hat. Natürlich kann in einem Schulgesetz nur ein programmatischer<br />
Satz stehen. Wir haben festgeschrieben, dass<br />
wir die individuelle Förderung wollen und dass die Versetzung<br />
den Regelfall darstellt. Die Umsetzung dieser beiden programmatischen<br />
Sätze bedeutet für manche Schulen eine vollkommene<br />
Umkehr der Schulkultur. Weil nämlich eine Schule,<br />
die sich bereit erklärt, ein Kind aufzunehmen, sagen wir eine<br />
Realschule, damit auch die Pflicht hat, dieses Kind optimal zu<br />
fördern. Wenn dieses Kind eine Realschulempfehlung mit Einschränkung<br />
hat, ist es auf der Realschule dann besonders zu fördern.<br />
Und das muss sich im unterrichtlichen Alltag widerspiegeln.<br />
Das heißt, die Lehrerinnen und Lehrer müssen wissen,<br />
dass dieses Kind, das vielleicht ein Defizit im Bereich Mathematik<br />
hat, in diesem Fach besonders gefördert werden muss,<br />
und dementsprechend ist der Unterricht zu organisieren und<br />
eine angemessene Binnendifferenzierung vorzunehmen. Wir<br />
sehen nach dem neuen Schulgesetz in der Sekundarstufe I dafür<br />
100