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Bild - Verband Bildungsmedien eV

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Zu dumm oder nicht gefördert? Haussmann/Süssmuth/Hüther/Hubertus<br />

es wären eigentlich Ausbildungsplätze vorhanden, aber sie werden<br />

nicht mehr auf den Markt gebracht, weil die Unternehmen<br />

keine Aussicht darauf haben, eine qualifizierte Besetzung vornehmen<br />

zu können – zumindest zu den Vergütungen, die sie<br />

zahlen müssen. Deswegen müssen wir auch über die Differenzierung<br />

der Vergütung sprechen, wenn wir über unterschiedliche<br />

Leistungspotenziale der Auszubildenden reden.<br />

Die Differenzierung der Berufsausbildung ist sicherlich ein weiterer<br />

wichtig Punkt, das heißt, dass wir die zweijährigen Ausbildungsgänge<br />

stärker entwickeln. Aber wir sollen ja auch über<br />

das reden, was funktioniert, darüber, wie wir weiterkommen.<br />

Wir schaffen es heute, einen Berufsausbildungsgang innerhalb<br />

von drei Jahren einzurichten. Früher hat das in Deutschland<br />

zehn Jahre gedauert; wir haben die Modernisierung der Ausbildungsordnung<br />

doch erheblich beschleunigt und flexibilisiert.<br />

Dort, wo Schule Autonomie hat und nicht gegängelt ist, sondern<br />

wo es ein Budget für Sach- und Personalkosten gibt, da<br />

stellen Sie fest, dass es auch klug organisiert wird. Ich hatte<br />

letzte Woche einen Vortrag an einem Gymnasium in Limburg,<br />

das zu den 17 hessischen Pilotschulen für Schulautonomie<br />

gehört; die Schule verfügt über ein Globalbudget. Dort wird<br />

kein Studiendirektor für Verwaltung eingesetzt, sondern er<br />

kann seiner pädagogischen Aufgabe nachkommen, weil der<br />

Schulleiter die Freiheit hat, einen Verwaltungsassistenten einzustellen,<br />

der die administratorischen Dinge sehr viel effizienter<br />

leisten kann. Dort müssen nicht die hoch bezahlten Informatiklehrer<br />

die Computer warten, sondern man nimmt Sachmittel<br />

und betraut, wie das jedes vernünftige Unternehmen<br />

macht, ein Serviceunternehmen mit der Betreuung dieser Computer.<br />

Wenn wir den Menschen Freiraum geben, sieht man, wie<br />

gut sie damit zurechtkommen. Leider sind es nur 17 Pilotschulen;<br />

ich würde mir wünschen, diese Autonomie wäre schneller<br />

flächendeckend zu haben.<br />

Abschließend möchte ich noch einmal betonen, wie wichtig es<br />

mir erscheint, dass es gelingt, den Länderegoismus zurückzudrängen<br />

und im Sinne der Menschen, der Schüler, der Kinder, schnell<br />

bundeseinheitlich zu handeln. Wir wissen, was wir tun müssen.<br />

STATEMENT<br />

Peter Hubertus<br />

Der Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung geht von<br />

vier Millionen funktionalen Analphabeten in Deutschland aus,<br />

also etwas mehr als sechs Prozent der Erwachsenen. Das ist eine<br />

Schätzung, die auf verschiedenen Indikatoren beruht. Eine<br />

empirische Untersuchung zur Größenordnung des funktionalen<br />

Analphabetismus gibt es allerdings nicht. Zweifellos wäre es<br />

vorteilhaft, wenn es gesicherte Aussagen über die Anzahl der<br />

Erwachsenen mit unzureichenden Lese- und Schreibfertigkeiten<br />

gäbe. Erkenntnisse über die Quantität dieser Personengruppe<br />

wären etwa für bildungspolitische Entscheidungen in Bezug auf<br />

den Auf- und Ausbau der Alphabetisierungsarbeit in Deutschland<br />

äußerst hilfreich.<br />

Eine entscheidende Voraussetzung für Aussagen zur Größenordnung<br />

des funktionalen Analphabetismus besteht darin, die minimalen<br />

Kenntnisse und Fähigkeiten zu bestimmen, über die<br />

Erwachsene verfügen müssen, um in unserer Gesellschaft als<br />

ausreichend alphabetisiert zu gelten. Innerhalb jeder Altersgruppe<br />

gibt es Menschen, die mehr oder weniger gut lesen und<br />

schreiben können. Welche Qualität von schriftsprachlichen<br />

Fähigkeiten muss aber mindestens vorhanden sein?<br />

Eine empirische Untersuchung zum Lesevermögen – wie etwa<br />

die Pisa-Studie – kann nachweisen, wie groß die Gruppe derjenigen<br />

Schülerinnen und Schüler ist, die über sehr gute oder sehr<br />

schlechte Fähigkeiten verfügen. Bis zu welcher Kompetenzstufe<br />

handelt es sich um funktionalen Analphabetismus? Und ab<br />

welcher Kompetenzstufe sind Erwachsene ausreichend alphabetisiert?<br />

Bei welchem Prozentrang des Leseverstehens und der<br />

Schreibkompetenz kann die Grenze gezogen werden, die funktionale<br />

Analphabeten und alphabetisierte Erwachsene voneinander<br />

trennt? Eine Bestimmung der erforderlichen minimalen<br />

schriftsprachlichen Kenntnisse ist Voraussetzung dafür, Aussagen<br />

über die Anzahl funktionaler Analphabeten vorzunehmen.<br />

Quantitative Aussagen zur Größenordnung der Betroffenen setzen<br />

qualitative Aussagen zum Mindestniveau voraus.<br />

Die Pisa-Studie aus dem Jahr 2000, die allerdings nicht die<br />

Schreibkompetenz untersucht hat, hat einen <strong>Bild</strong>ungsschock<br />

in Deutschland ausgelöst: Knapp zehn Prozent der getesteten<br />

15-jährigen Schülerinnen und Schüler – so die Ergebnisse – verfügten<br />

über so geringe Lesekompetenzen, dass sie unterhalb<br />

der niedrigsten Kompetenzstufe rangieren. Der Bundesverband<br />

Alphabetisierung und Grundbildung geht davon aus, dass diese<br />

geringen Kompetenzen keineswegs ausreichend sind, also Erwachsene<br />

mit diesen Fähigkeiten zur Gruppe der funktionalen<br />

Analphabeten zählen. Andere vertreten die Auffassung, dass<br />

auch die Jugendlichen, deren Lesefähigkeiten auf der Kompetenzstufe<br />

I anzusiedeln sind, zu den funktionalen Analphabeten<br />

gehören. Damit wären etwa 23 Prozent der Jugendlichen nicht<br />

ausreichend alphabetisiert.<br />

Die im Jahr 2000 getesteten Jugendlichen sind im Jahr 2007<br />

etwa 22 Jahre alt, also erwachsen. Unter der Annahme, dass sich<br />

in dieser Personengruppe die Lesekompetenz in den vergangenen<br />

sieben Jahren nicht erweitert hat und Personen, die im<br />

Jahr 2000 höheren Kompetenzstufen zugeordnet worden sind,<br />

ihre Fähigkeiten nicht eingebüßt haben, gibt es innerhalb dieser<br />

Altersgruppe 10 bis 23 Prozent funktionale Analphabeten.<br />

Fakt ist, dass verschiedene absolute und relative Zahlenangaben<br />

kursieren. Welcher Kenntnisstand als ausreichend oder<br />

unzureichend gekennzeichnet wird, ist abhängig von den<br />

gesellschaftlichen Anforderungen. Wie viele Lese- und Schreibkenntnisse<br />

sind erforderlich? Tendenziell werden immer höhere<br />

Fähigkeitsstufen als Mindestqualifikation angesetzt.<br />

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