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Bild - Verband Bildungsmedien eV

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Erziehung heute: Domisch/Leven/Hendricks/Nimptsch<br />

den einzelnen Eltern anders und kommunikativ praktiziert werden.Vertrauen<br />

gewinnt man nicht, wenn sich Eltern immer nur<br />

anhören müssen, was mit dem Kind nicht „gut läuft“. Das Problem<br />

in Deutschland ist, dass es normalerweise nur Mitteilung<br />

an die Eltern darüber gibt, was ein Kind nicht kann oder<br />

welche Fehler es gemacht hat. Zu einer guten<br />

Gesprächskultur gehört aber, dass man sich über<br />

ein Kind in seiner gesamten Persönlichkeitsentwicklung<br />

unterhält, darüber, was es kann, wie es<br />

sich entwickelt und was es noch lernen muss,<br />

wo es sich ändern sollte. Wir reden lieber über<br />

Entwicklungsdefizite bei Kindern als über Entwicklungsmöglichkeiten.<br />

Landtag verabschiedet worden ist. In diesem Schulgesetz geht<br />

man von einer begabungsgerechten Schule aus, die sich in drei<br />

Schulformen gliedert. In einem Gesetz, das 2006 auf den Weg<br />

gebracht wird, sind folglich alle Erkenntnisse aus 2000, 2001,<br />

2003, 2004 plus der Erkenntnisse der letzten 100 Jahre nicht<br />

Ich habe vor Kurzem mit einer Realschullehrerin<br />

gesprochen, die mir erzählte, sie habe mehr als<br />

der Hälfte ihrer Klasse in diesem Schulhalbjahr<br />

mindestens eine oder gar zwei Fünfen auf dem<br />

Zeugnis geben müssen. Die meisten ihrer Schüler<br />

gehörten eigentlich nicht in die Realschule.<br />

Wenn ich mit einer solchen Haltung in den<br />

Unterricht gehe und den Schülern und Schülerinnen<br />

begegne, kann ich weder zu den Schülern<br />

noch zu den Eltern eine positive Einstellung<br />

bekommen. Vertrauen setzt genau dieses aber<br />

voraus. Eltern müssten wissen, die Schule<br />

bemüht sich um mein Kind. Wo das gegeben ist,<br />

hören Eltern zu, arbeiten zusammen mit der<br />

Schule und unterstützen die Schule in ihren<br />

Bemühungen.<br />

Meine Hypothese zu der Frage, weshalb sich in<br />

Deutschland bislang so wenig bewegt hat: Wir<br />

wollen einfach nicht glauben, dass die Struktur<br />

eines Systems mit ursächlich für sein Versagen<br />

sein kann, da ja eine relativ große Gruppe durchaus<br />

Vorteile aus dem System zieht. Wir wollen es<br />

deshalb nicht glauben, weil wir uns dann mehr<br />

als hundert Jahre geirrt haben müssten und weil<br />

ein Gesellschaftssystem zur Disposition gestellt<br />

würde.<br />

Deshalb nehmen wir lieber ein ministeriell verhängtes Denkverbot<br />

in Deutschland in Kauf. Dies geschah nach Pisa und auch<br />

jetzt wieder nach dem Bericht von Herrn Muñoz. Es bleibt festzustellen:<br />

Strukturfragen durften nicht diskutiert werden. Der<br />

erste Pisa-Bericht wurde in zwei Fassungen veröffentlicht, in<br />

einer offiziellen deutschen Fassung und in einer OECD-Fassung,<br />

die in Teilen voneinander abgewichen sind. Kaum liegt der<br />

Bericht von Herrn Muñoz vor, wird aber bereits erklärt, er wäre<br />

inkompetent, würde das deutsche System nicht verstehen.<br />

Zudem könne er das deutsche System nicht von außen beurteilen:<br />

Warum nehmen wir dann an Pisa teil?<br />

In NRW wurde am 1. August 2006 ein neues Schulgesetz in<br />

Kraft gesetzt, das mit den Stimmen der CDU/FDP-Koalition im<br />

Cartoon: Johann Mayr<br />

berücksichtigt worden. Das bedeutet, dass dieses Schulgesetz<br />

im Grunde eine schwere Hypothek für Eltern, Lehrer und Schüler<br />

in NRW darstellt. Es ist aber auch eine schwere Hypothek für<br />

die Gesellschaft.<br />

Überlegungen zu einer Veränderung des Schulsystems in NRW<br />

gehen interessanterweise davon aus, dass die demografische<br />

Entwicklung zur Folge haben wird, dass in ländlichen Gebieten<br />

nicht mehr flächendeckend alle Schulformen angeboten werden<br />

können und deshalb dort mit der Einführung einer gemeinsamen<br />

Schule begonnen werden könnte. Das ist sozusagen das<br />

Hereinschleichen nach dem lappländischen Prinzip.<br />

In den Ballungszentren von NRW, wo die meisten Menschen in<br />

NRW leben, wird diese finnische Methode wohl nicht funktionieren.<br />

Eine Veränderung des Systems muss von den Menschen<br />

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