Bild - Verband Bildungsmedien eV
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Die Schule ist dafür zuständig, durch Beratung und Qualifizierung<br />
die Voraussetzungen für <strong>Bild</strong>ung zu schaffen. Das aber kann<br />
nicht gelingen, wenn die Eltern dabei nicht mitwirken wollen – begleitend,<br />
partizipierend und sich informierend, sodass sie an dem<br />
<strong>Bild</strong>ungsprozess ihrer Kinder Anteil nehmen und ihn unterstützen.<br />
Ich glaube, wir sind uns einig in Bezug auf das, was Eltern und<br />
Schule in ihren unterschiedlichen Situationen tun müssen.<br />
Allerdings ist das Verhältnis von Eltern und Schule immer eine<br />
Aufgabe. In einer Veröffentlichung des Bundeselternrats vom<br />
letzten Jahr wird beklagt, dass die Eltern in der Schule vor allem<br />
zum Kuchenbacken, beim Klassenfest und zum Umgestalten des<br />
Schulhofs herangezogen würden. Das ist keine Verantwortung,<br />
mit der Eltern zufrieden sein können. Darum haben wir in<br />
Niedersachsen eine Verfassungsreform der Schule angestoßen,<br />
in deren Rahmen auch ein neuer Schulvorstand eingeführt<br />
wurde mit einem 25-prozentigen Stimmrecht der Eltern. Wir<br />
müssen wirklich noch lernen, dass die Partnerschaft, die Schule<br />
und Eltern eingehen müssen, eine sehr fruchtbare Form des<br />
Zusammenarbeitens werden kann, die der Schule und den Kindern<br />
große Chancen bietet.<br />
Eines würde ich mir am Schluss für die nähere Zukunft wünschen.<br />
Es ist vielleicht nicht der wichtigste Punkt aller unserer<br />
Schulreformen, aber ich glaube, dass wir hierin in Deutschland<br />
großen Nachholbedarf haben: Wir müssen Formen des ganz<br />
individuellen Förderns für Kinder und Jugendliche in allen<br />
Altersstufen entwickeln, diese erfolgreich erproben und zu<br />
einer typischen Form des Lernens, Lehrens und <strong>Bild</strong>ens in der<br />
Schule machen. Das ist jetzt zwar sehr plakativ gesagt, aber<br />
dass Lernen ein sehr persönlicher Lebensweg ist, das ist mir für<br />
viele unserer Reformen sehr wichtig.<br />
STATEMENT<br />
Swantje Rosenboom-Lehmann<br />
Kann die neue digitale Welt ein Promoter für <strong>Bild</strong>ung sein?<br />
Meine älteste Tochter ist 1984 geboren und hat irgendwann in<br />
der Oberstufe ihr erstes von mir ausrangiertes Laptop bekommen,<br />
natürlich ohne Internetanschluss, aber sie war Weltmeisterin<br />
darin, in MS-Word ihre Texte zu schreiben. Meine beiden<br />
nächsten Kinder, Jahrgang 1995 und 2000, haben schon im<br />
Alter von drei, vier Jahren mit großer Begeisterung auf den PC-<br />
Tastaturen herumgedrückt und geschaut, was sich dadurch<br />
bewegen lässt. Es gibt sehr ansprechende Spielprogramme für<br />
Kleinkinder, und die Kinder kommen völlig selbstverständlich<br />
damit zurecht. Die älteren lernen, natürlich immer unter starker<br />
Anleitung, Nachschlagewerke digital zu nutzen, sich Wissen<br />
digital anzueignen, zu suchen, es zu bewerten und einzubauen<br />
in die eigene Fragestellung.<br />
Aus der Beobachtung meiner eigenen Kinder heraus würde ich<br />
sagen, dass sich die Welt in den letzten 20 Jahren entscheidend<br />
verändert hat. Die Kinder haben einen ganz entspannten und<br />
selbstverständlichen Zugang zu dieser Technik. In den meisten<br />
Schulen, jedenfalls im Osten von Ostberlin, wo ich wohne, stoßen<br />
sie allerdings auf eine Schulinfrastruktur, in der der Lehrer<br />
einmal im Monat und mit Schweißperlen auf der Stirn in den<br />
Medienraum geht. Aber nichtsdestotrotz ist es sehr, sehr wichtig,<br />
dass dieser Weg weiter vorangetrieben wird. Wir als Hersteller<br />
von Software halten es für überaus wichtig, dass die<br />
Kluft zwischen den Kindern, die von ihren Eltern an digitale<br />
Lerninhalte herangeführt werden, und denjenigen Kindern, die<br />
diese sorgsame Unterstützung von zu Hause nicht haben, überbrückt<br />
wird, damit sie, wenn sie später eine Lehre machen,<br />
nicht völlig entgeistert vor einem kleinen banalen Rechenprogramm<br />
sitzen und die einfachsten Excel-Formatierungen nicht<br />
hinbekommen. Gerade hier halte ich es für eine zentrale Forderung,<br />
die sozialen Hintergründe der Kinder mit zu betrachten.<br />
Die Kinder, die von zu Hause diese Chance nicht haben, sollten<br />
in der Schule den selbstverständlichen Umgang mit den neuen<br />
Medien genauso lernen können wie alle anderen Kinder auch.<br />
Meines Erachtens wird der <strong>Bild</strong>ungsauftrag, den wir für die<br />
nächste Generation haben, immer dringlicher. Wir sollten diesen<br />
Auftrag noch viel, viel ernster nehmen, als wir das heute<br />
tun. Die Statistiken sagen uns, wie viele Kinder heute pro Jahrgang<br />
der sozialen Unterschicht angehören oder aus einem ethnisch<br />
nichtdeutschen Hintergrund kommen. Diese Zahlen veranschaulichen,<br />
dass wir eine immense Arbeit vor uns haben. Ich<br />
persönlich glaube, dass wir jede Methode nutzen sollten, diese<br />
jungen Menschen durch unsere <strong>Bild</strong>ungsanstrengungen zu integrieren.<br />
Das digitale Lernen vermag aufgrund seines höheren<br />
Spaßfaktors, diese Kinder besser anzusprechen. Entlang dieser<br />
Chancen sollten wir uns weiter ausrichten.<br />
Das Nachrichtenmagazin Focus-Schule hat zusammen mit Microsoft<br />
eine große Studie in Auftrag gegeben. Hierfür wurden<br />
Eltern, Lehrer und Entscheider aus der Wirtschaft gefragt, wie<br />
<strong>Bild</strong>ung besser werden kann. 62 Prozent der befragten Lehrer<br />
glauben, dass sie heute eher Lerntechniken vermitteln als Wissen<br />
und dass ihr Selbstverständnis sich geändert hat. Lehrer<br />
haben wohl auch schon vor fünfzig Jahren die Kompetenz zum<br />
Lernen vermittelt. Dass sie sich methodisch im Aufbruch befinden<br />
und sicherlich auch so fühlen, das glaube ich schon. Es gibt<br />
eine ganz erfreuliche Bewegung innerhalb der Lehrerschaft,<br />
sich mit den digitalen Medien auseinanderzusetzen, sich in<br />
Gemeinschaft mit den großen Landesbildstellen fortzubilden.<br />
Auf diesem Feld kann man eigentlich überall eine sehr schöne<br />
Bewegung wahrnehmen, und das strahlt auch stark in die Lehrerzimmer<br />
hinein. Selbst Kollegen, die vielleicht kurz vor ihrem<br />
60. Lebensjahr stehen, nehmen noch dieses Gefühl mit, dass<br />
sich etwas tut, wenngleich sie vielleicht nicht aktiv daran teilnehmen.<br />
Ich bin aufgrund unserer Perspektive auf dieses Feld<br />
eigentlich ganz optimistisch.<br />
Ein bisschen ketzerisch möchte ich zu unserer Diskussion anfügen,<br />
dass wir dazu tendieren, Scheingefechte auszutragen. Wir<br />
sitzen hier als Vertreter der Mittelschicht und haben zu Hause<br />
alles schön und fein. Die Kinder lernen Latein, Englisch und<br />
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