Mädchenspezifische Suchtprävention
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sen. Im Umgang mit dem Pferd erleben sie, das dieses Einfühlen positive Reaktionen<br />
des Pferdes hervorruft und es artgerecht reagiert. Pferde strafen und rächen sich nicht.<br />
Die Motivation für ein Mädchen, sich auf ein Pferd einzulassen, ist das Reiten selbst,<br />
das Getragen –Werden und der Körperkontakt zum Pferd. Die Bewegung und Wärme<br />
des Pferdeleibs sprechen wohltuend auf direktem Wege den Gefühlsbereich an. Das<br />
Gleichgewichtsempfinden wird gefördert und Verkrampfungen seelischer als auch körperlicher<br />
Art können sich lösen. Das Bedürfnis nach positiver Zuwendung wird befriedigt<br />
und soziale Fertigkeiten trainiert. Durch die Kontaktaufnahme und Auseinandersetzung<br />
mit dem Pferd kann sich ein Körperbewußtsein entwickeln. Das Pferd stellt einen<br />
Partner dar, dem man Vertrauen entgegen bringen kann und der dieses Vertrauen erwidert.<br />
Das Pferd kann durch sein artgerechtes Verhalten auf unangemessenes Verhalten des<br />
Kindes eine sonst immer vom Erwachsenen geforderte und erniedrigend empfundene<br />
Verhaltenskorrektur beim Kind veranlassen. Eine Korrektur vom Pferd wird das Kind<br />
frustrationsfrei annehmen, da sie nicht so emotional besetzt ist. Dies ist besonders bei<br />
entwickelten Verhaltensauffälligkeiten im Sozialverhalten und Nähe-Distanz-Verhalten<br />
wichtig. Das Pferd reagiert auf eine Weise, in der die Mädchen sofort Ursache und Wirkung<br />
erfahren und so die geforderte Selbstkontrolle übernehmen. Mädchen aus Suchtfamilien<br />
können im Verhalten ihrer Eltern, besonders des süchtigen Elternteils, oft solche<br />
Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge nicht erkennen und können so im Umgang mit<br />
dem Pferd wichtige grundlegende Erfahrungen machen.<br />
Die wichtigste Grundlage ist ein Umfeld, welches Sicherheit und Überschaubarkeit bietet<br />
und somit die Orientierung im neuen Lern – Feld erleichtert. Bedeutsam sind dabei<br />
schnelle und einfache Hilfeleistungen, damit die Mädchen die Kontrolle über das Pferd<br />
bekommen und verstehen können, warum es sich so verhält. Erklärungen zum artgerechten<br />
Umgang sind sehr bedeutsam. Das Ziel beim Einsatz des Reitens in der Suchtprävention<br />
ist nicht eigentlich das ‚Reiten lernen‘, sondern den Mädchen die Möglichkeit<br />
geben, in einem geschützten Rahmen Selbstwert und Eigenständigkeit zu erleben.<br />
Dazu gehört auch die Kontrollfähigkeit und Macht über ein anderes Lebewesen. Eine<br />
weitere wichtige Erfahrung, die der Umgang mit Pferden ermöglicht, ist das Ausleben<br />
von Streichel- und Schmusebedürfnissen, die hier ohne Sanktionen und ohne Grenzüberschreitungen<br />
erlebt werden können. Pferde, wie auch andere Tiere, reagieren direkt<br />
und eindeutig auf Aktionen des Gegenübers, ohne moralisierende Appelle bzw. verbale<br />
Konfrontationen. Somit wird das Pferd zum Medium in der Zusammenarbeit zwischen<br />
dem Mädchen und der Pädagogin. Reaktionen des Pferdes können von den Mädchen<br />
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