Mädchenspezifische Suchtprävention
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Oberflächliche Gespräche bringen mir nix, also laß`ich`s lieber. Ich schott mich auch hier ab,<br />
wenn ich mei`Ruh`will, will ich mei`Ruh`. Und ich wird`wahnsinnig fuchtig, wenn man sie<br />
mir nicht läßt. Ich kann mich auch allein beschäftigen, ich brauch`niemanden.<br />
Hatten sie das früher Gefühl, ihre Familiensituation vertuschen zu müssen?<br />
Nö, nit unbedingt, es wußt`ja soundso schon jeder. Wenn wir Kinder mit`m Feilchen<br />
rumglaufen sann, oder mit blauen Flecken am Körper, was ja dann beim Turnen aufgefallen<br />
is`. Oder mußten mit`m Halstuch rumlaufen, weil`s Würgemale hast, also. Da ging nix mit<br />
vertuschen. Ich hätt`mir andere Eltern gewunschen, zumindest mit weniger Gewalt. Vertuschen<br />
war einfach nit drin.<br />
Gab`s für Sie auch positive Dinge an der Sucht ihrer Eltern?<br />
Nö, ganz einfach nö. Es ging ja auch auf Gefühlsebene nix ab.<br />
Wie war der Kontakt zu ihren Eltern, bevor sie gestorben sind?<br />
Mei`Vater ist jetzt schon über 20 Jahre tot. Ich hab`mein Vater halt, er war halt da, er hat existiert,<br />
dann mußt ma`n halt nehmen. Ich hab`mei`Mutter scho geliebt auf irgend `ne Art, aber<br />
ich hab`ja nie was zurückgekriegt. Und ich konnt`dann auch nicht mehr anschmiegsam sein,<br />
dazu hatte sie mir einfach zu wehgetan. Beide natürlich, aber mei`Mutter hat ja auch länger<br />
gelebt. Ich hätt`sie nie ins Heim geben können. Vielleicht wollt ich ihr auch Schuldgefühle<br />
einreden: Du hast dich nie um mich gekümmert, aber ich kümmer mich um dich. Man<br />
konnt`sich mit meiner Mutter auch nicht darüber unterhalten. Die hat auf ihren Mann nix<br />
kommen lassen. Zwischen den beiden war ja nur noch Haßliebe. Meine Mutter hat von dem<br />
Tag an, wo mein Vater gestorben is`, nix mehr getrunken.<br />
Ich hab`mit meiner Mutter wenig gestritten, aber die letzten zwei Jahre, jeden zweiten, dritten<br />
Tag.<br />
Ich hoff`, daß ich jetzt noch ein paar Jahre leben kann, ohne Alkohol. Ich bin ja selber nit gesund,<br />
körperlich hab`ich mich ja zu Tode gesoffen. Ich hoff`, daß ich das jetzt schaff`einige<br />
Jahre trocken zu leben. Meine Familie läßt mich auch nicht hängen. Also, ich hab`was, wofür<br />
es sich zu leben lohnt.<br />
Ich muß sagen, ich hab`einen bombastischen Mann, der wahnsinnig viel Verständnis für mich<br />
aufbringt. Und er hat noch nicht einmal die Hand gegen mich erhoben. Und sonst wär`s auch<br />
vorbei für mich.<br />
Hatten sie früher eine Erklärung für das Suchtverhalten ihrer Eltern?<br />
Da hab`ich nicht nachdenkt. Es wurde ja auch in der Verwandtschaft getrunken. Da nit so<br />
massiv. Es sind alle Alkoholiker. Aber es sieht ja keiner ein.<br />
Haben sie in ihrer Kindheit Stärken und Fähigkeiten aufgebaut?<br />
In der Kindheit weniger, aber in der Jugend und Erwachsensein ja schon. Ich kann mich verbal<br />
durchsetzen, das hab`ich lernen müssen, und ich kann mich jetzt auch, wenn`s sein muß,<br />
handgreiflich durchsetzen. Ich hoff`, aber, ich wird`s nie mehr einsetzen müssen.<br />
Mein Gott, Haushalt und so mußt ich eh früh genug allein machen, da hatt`ich keine Probleme.<br />
Ich hab`schon früh Selbstbewußtsein gehabt, mußt ich ja schon. Sonst glaub`ich,<br />
würd`ich heut nicht mehr leben. Würd`ich irgendwie dahinvegetieren, in irgendeiner Klinik<br />
oder so. Ich mußt mich halt immer wieder aufbauen. Steh-Auf-Mann. Ich war nun mal ganz<br />
unten. Des einzige, was ich nit gemacht hab`, auf der Straß`gelebt und ich bin noch nit auf`n<br />
Strich gegangen, aber alles andere hab`ich auch durchgemacht. Also keine Drogen und so,<br />
aber die Palette ist ja nun mal ellenlang.<br />
Ich hab`ein Panzer um mich gebaut und den zu durchdringen, ja, da gehört ziemlich viel dazu.<br />
XXIX