Leben mit dem Tourette-Syndrom - Tourette-Gesellschaft Deutschland
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„Egal, wie laut ich schreie, ich geh überall hin.“ Aber wenn man das mal über<br />
Jahre <strong>mit</strong>erlebt hat, die vielen Reaktionen, das die Leute einen immer so merkwürdig<br />
angucken oder die berühmte Hand vor <strong>dem</strong> Kopf machen und sagen: „Sag<br />
mal, tickt der noch ganz richtig? Ist der noch ganz normal?“ Da kann man oft drüber<br />
wegsehen und ich geh dann auch oft hin zu solchen Leuten und verwickle die<br />
in ein Gespräch und sage: „Sie haben gerade so eine komische Bewegung gemacht,<br />
wie als wenn ich nicht ganz sauber bin oder so. Kennen Sie das <strong>Tourette</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>?“ Ich mach das grundsätzlich. Ich lass mich so von den Leuten nicht<br />
mehr behandeln. Ich geh jedes mal hin, ob der 80 ist oder 8. Ich fresse das nicht<br />
mehr in mich rein. Aber es ist halt so, wenn man Tage hat, wo es mir nicht so gut<br />
geht und dann gibt es halt auch die Tendenz, dass ich mich zurückziehe und dass<br />
ich sage, das mute ich mir heute nicht zu. Es braucht zwar nicht passieren, dass<br />
ich wieder so ein paar Chaoten über den Weg laufe, aber ich hab dafür heute keine<br />
Kraft und dann zieht man sich aus <strong>dem</strong> ganzen sozialen <strong>Leben</strong>. Man geht nicht<br />
einkaufen und ich sage meinen Eltern, dass sie mir das und das <strong>mit</strong>bringen sollen<br />
oder meine Freundin bringt mir was <strong>mit</strong>, wenn ich so starke Symptomatik habe<br />
und dann geh ich halt auch nicht raus. Und das verhindert das <strong>Leben</strong>. Mir gefällt<br />
es selber nicht, aber ich kann es einfach nicht immer überwinden.<br />
I.: Ja. Und wenn du die Leute ansprichst, die vielleicht vorher blöd geguckt haben,<br />
was sagen sie dann?<br />
H.: In der Regel sind die erstmal total perplex. Sie sind verunsichert und sagen,<br />
dass sie nicht wussten, dass das eine Krankheit ist und dass es ihnen Leid tut und<br />
sie werden dann <strong>mit</strong> zunehmenden Gespräch auch immer freundlicher, offener<br />
und die meisten entschuldigen sich dann auch. Es gibt natürlich auch ein paar<br />
Leute, da geht man nicht hin, bevor man eins auf die Nase bekommt. Das gibt’s<br />
auch und die sind dann auch brutal dabei. Da muss ich aufpassen, was ich sage.<br />
Aber da hab ich ein feines Gespür für. Bei manchen Leuten sagt man dann besser<br />
gar nichts, bevor man in eine Schlägerei verwickelt wird. Anderen ist das schon<br />
passiert. Wenn dann ein koprolaler Ausdruck dazwischen kommt, wie soll man<br />
dann so einen wenig gebildeten Menschen erklären, dass das was tourettisches ist<br />
und nichts <strong>mit</strong> ihm zu tun hat. Das ist schwierig. Also da muss man ein Gefühl für<br />
entwickeln und besser weggehen.