Leben mit dem Tourette-Syndrom - Tourette-Gesellschaft Deutschland
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9 Anhang 156<br />
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ist mir scheißegal, was ihr denkt. Ich werde euch Idioten nach der Ausbildung<br />
sowieso nicht mehr sehen. Ich mach jetzt hier meiner Ausbildung und mir das von<br />
euch Idioten nicht versauen. Macht was ihr wollt. Das ist mir so was von egal.“<br />
Da haben sie alle erstmal geguckt, weil ich da sonst nie was zu gesagt habe. Ich<br />
hab dabei auch gleichzeitig geheult und geschrieen und gelacht. Ich war so durcheinander.<br />
Dann ging der Unterricht weiter und ich hab mich auf einmal geschämt.<br />
Am nächsten Tag hatten wir wieder bei <strong>dem</strong> Lehrer und er ist dann <strong>mit</strong> einem<br />
Videorekorder reingefahren gekommen. Hat „Guten Morgen“ gesagt und dann<br />
eine Reportage über das <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> gezeigt. Alle haben sich das angeguckt<br />
und er hat gesagt: „Können sie froh sein, dass Frau W. nicht so hier sitzt.“<br />
Und dann ist er <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Unterricht fortgefahren. Das fand ich richtig gut. Das war<br />
supergut von den Lehrern, dass sie mich so unterstützt haben. Und seit<strong>dem</strong> geht’s.<br />
I.: Ja, seit<strong>dem</strong> hat sich was verändert?<br />
A.: Ja und ich hab gesagt: „Wenn ihr irgendein Problem <strong>mit</strong> mir habt, sagt mir das<br />
sofort. Ich hab schon Schlimmeres als euch Idioten überstanden. Könnt ihr mir<br />
sagen, wenn euch das nervt. Mich nervt es auch. Bloß wenn ihr mich immer so<br />
schief anguckt oder lästert, dann setzt ich mich selber so unter Druck, dass es<br />
noch schlimmer wird. Ihr könnt doch nicht sagen, dass ich aufhören soll. Das geht<br />
nicht. Wenn ich es lassen könnte, wäre es keine Krankheit und dann würde ich es<br />
auch nicht machen.“ Die haben sich dann auch alle verändert und es akzeptiert.<br />
Als wir dann unseren Abschlussfeier hatten, hat dann eine gesagt: „Anna, du bist<br />
ja eigentlich doch ganz O.K. Auch wenn du <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> hast, du warst immer<br />
die Hilfsbereitteste aus der Klasse. Man konnte immer alles von dir haben.<br />
Das ist mir nie aufgefallen.“ Und das war damals die Schlimmste, die mich immer<br />
so niedergemacht hat. Das war dann ganz gut. Freunde sind wir trotz<strong>dem</strong> nie geworden.<br />
Aber es ging halt so, dass wir <strong>mit</strong>einander klar kamen. Irgendwann haben<br />
sie es dann wohl auch überhört, hab ich auch schon gehört, als wenn man hustet<br />
oder niest.<br />
I.: Das ist ja echt schlimm, dass die so reagiert haben.<br />
A.: Ja, nicht sehr sozial.<br />
I.: Würdest du dich selbst als krank oder als behindert bezeichnen?<br />
A.: Behinderung ist etwas wodurch man eingeschränkt ist. Ich könnte meinen<br />
Autoführerschein machen, ich hab jetzt meinen Spritzenschein gemacht <strong>mit</strong> mei-