25.09.2014 Aufrufe

Leben mit dem Tourette-Syndrom - Tourette-Gesellschaft Deutschland

Leben mit dem Tourette-Syndrom - Tourette-Gesellschaft Deutschland

Leben mit dem Tourette-Syndrom - Tourette-Gesellschaft Deutschland

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3 Zur psychosozialen Situation behinderter Menschen 36<br />

3.1.1 Einstellungen und Reaktionen gegenüber behinderte Menschen<br />

Im Rahmen der Sozialisation werden Werte und die daraus resultierenden Einstellungen<br />

und Normen ver<strong>mit</strong>telt und so<strong>mit</strong> auch die Werte und Normen gegenüber<br />

behinderten Menschen. Weichen Werte und Normen ab, wird die individuelle und<br />

auch gesellschaftliche Stabilität bedroht. Große Bedeutung haben Werte wie Gesundheit,<br />

Intelligenz, Leistungsfähigkeit, körperliche Integrität und ästhetisches,<br />

jugendliches Aussehen (CLOERKES, 2001). Behinderte Menschen weichen körperlich,<br />

geistig und/oder seelisch ab und diese Abweichungen werden <strong>mit</strong> Attributen<br />

wie „böse“, „schlecht“ oder „schwach“ verknüpft. Im Sozialisationsprozess übernehmen<br />

Kinder schnell diese Wertvorstellungen und sie werden später kontinuierlich<br />

verstärkt.<br />

Durch die Sozialisation wird <strong>dem</strong>nach eine negative Einstellung gegenüber Menschen<br />

<strong>mit</strong> Behinderungen ver<strong>mit</strong>telt. Gleichzeitig missbilligt die <strong>Gesellschaft</strong>,<br />

dass negative Einstellungen ausgelebt werden und fühlt sich verpflichtet, Integration<br />

zu fördern und negative Haltungen zu sanktionieren. Aus diesem Widerspruch<br />

resultieren bei nichtbehinderten Menschen Ambivalenzgefühle, Verhaltensunsicherheit<br />

und Schuldangst.<br />

CLOERKES (2001) führt folgende typische Reaktionsformen gegenüber behinderten<br />

Menschen auf: Anstarren und ansprechen, diskriminierende Äußerungen, Witze,<br />

Spott, Hänseleien, Aggressivität und Vernichtungstendenzen. Der Autor beschreibt<br />

diese Reaktionen als orginäre Reaktionen, also als Reaktionen, die ursprünglich,<br />

spontan und affektiv sind. Vor allem Kinder reagieren noch auf diese<br />

Art und Weise auf abweichendes Verhalten oder Aussehen. Wie schon vorher<br />

erläutert sind diese Verhaltensweisen aus moralisch-rechtlichen Gründen offiziell<br />

nicht erlaubt und können deshalb zu Schuldgefühlen führen. Deshalb gibt es offiziell<br />

erwünschte Reaktionsformen, d.h., dass orginäre Reaktionsweisen im Sinne<br />

sozialer Erwünschtheit überformt werden. Diese sind dann z.B. Äußerungen von<br />

Mitleid, aufgedrängte Hilfe, Spenden oder Schein-Akzeptierung. Doch auch diese<br />

Reaktionen dienen letztendlich immer der Abgrenzung und Ablehnung behinderter<br />

Menschen, da sich bei überformten Reaktionen ein widersprüchliches Verhalten<br />

zeigt. Denn das, was gesagt oder getan wird, deckt sich nicht <strong>mit</strong> der inneren

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!