Leben mit dem Tourette-Syndrom - Tourette-Gesellschaft Deutschland
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5 Eine qualitative Befragung 81<br />
nen von Anna haben ihr schon erzählt, dass Andere sie gefragt hätten, ob Anna<br />
behindert oder bekloppt sei.<br />
Es kommt schon mal vor, dass Anna extra zuckt, um auf eine Reaktion von ihren<br />
Mitmenschen zu warten, um sie dann aufklären zu können.<br />
Anna hat auch schon lustige Erlebnisse <strong>mit</strong> ihren Tics gehabt. So war sie z.B.<br />
einmal in einer Bücherei und hatte zu der Zeit gerade einen vokalen Tic, der sich<br />
wie ein bellender Hund angehört hat. Es kam dann die Durchsage, dass Hunde in<br />
der Bücherei nicht erlaubt sind. Anna fand das sehr lustig und konnte darüber lachen.<br />
Aber nicht immer kann sie solche Reaktionen <strong>mit</strong> Humor aufnehmen, sondern<br />
manchmal fühlt sie sich auch angegriffen und wird dann auch schon mal unverschämt.<br />
Aber es gab auch schon positive Reaktionen, nämlich dann, wenn andere Menschen<br />
offen Anna auf ihre Tics ansprechen und nachfragen.<br />
3. Aspekte zur eigenen Identität<br />
Vor der Diagnose fühlte Anna sich ziemlich hilflos, da ihr niemand eine Antwort<br />
darauf geben konnte, was <strong>mit</strong> ihr los ist. Das schlimmste für sie war, dass sie selber<br />
nicht wusste, was sie hat. „Man denkt: „Was ist <strong>mit</strong> mir los, wie fühl ich mich,<br />
was mach ich hier, wer bin ich? Das bin nicht ich. Was hast du?““ (Z 162). Das<br />
führte soweit, dass sie sich irgendwelche Krankheiten eingeredet hat. Eine zeitlang<br />
dachte sie, dass sie Parkinson hat.<br />
Nach<strong>dem</strong> die Diagnose <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> gestellt wurde, hat sich Anna erleichtert<br />
gefühlt. „So konnte ich je<strong>dem</strong> erklären, was ich habe und sagen, dass ich nicht<br />
behindert bin“ (Z 175).<br />
Als Anna <strong>mit</strong> 14 Jahren in der Pubertät war, konnte sie ihr <strong>Tourette</strong>-<strong>Syndrom</strong> ü-<br />
berhaupt nicht akzeptieren. Zu der Zeit hatte sie das Gefühl, dass sie keiner mag<br />
und dass sie kaum Freunde hat.