Leben mit dem Tourette-Syndrom - Tourette-Gesellschaft Deutschland
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3 Zur psychosozialen Situation behinderter Menschen 40<br />
Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass die betreffende Person <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> brechen<br />
kann, was Realität genannt wird und versucht, eine unkonventionelle Auffassung<br />
von der Eigenart der sozialen Identität durchzusetzen.<br />
Die stigmatisierte Person kann ihr Stigma aber auch als Entschuldigung einsetzen,<br />
nämlich dann, wenn ihr aus anderen Gründen etwas nicht gelungen ist. Ebenso<br />
kann das besondere Merkmal als Glück im Unglück angesehen werden und man<br />
spürt, dass ein Leiden auch über das <strong>Leben</strong> belehren kann, wo<strong>mit</strong> auch etwas Positives<br />
aus der Behinderung gewonnen werden kann.<br />
LEYENDECKER (2005a) stellt heraus, dass viele körperbehinderte Menschen nicht<br />
als Behinderte sozial stigmatisiert werden möchten und so ihre Identität durch<br />
Repression, d. h. dass negative Zuschreibungen und bedrohliche Erfahrungen unterdrückt<br />
werden, schützen, da<strong>mit</strong> ihnen das <strong>Leben</strong> <strong>mit</strong> der Behinderung erleichtert<br />
wird.<br />
3.2 Problem der Identitätsfindung Stigmatisierter<br />
HAEBERLIN (1978, S. 728) versteht unter <strong>dem</strong> Begriff „Identität“, aus Sicht der<br />
Alltagssprache betrachtet, „das subjektive Empfinden einer Person, in verschiedensten<br />
<strong>Leben</strong>ssituationen als jemand zu handeln, zu fühlen und zu denken, der<br />
immer der Gleiche ist, bzw. der etwas Einheitliches, Zusammenhängendes ist“.<br />
Nach GOFFMAN (1992, S. 132) ist Ich-Identität „das subjektive Empfinden seiner<br />
eigenen Situation und seiner eigenen Kontinuität und Eigenart, das ein Individuum<br />
allmählich als ein Resultat seiner verschiedenen sozialen Erfahrungen erwirbt“.<br />
Wie schon beschrieben (vgl. 3.1.3) spricht GOFFMAN (1992) dann von einer beschädigten<br />
Identität Stigmatisierter, wenn kein Balancezustand zwischen der virtualen<br />
und der aktualen sozialen Identität erreicht wird. Problematisch ist nach<br />
GOFFMAN, dass von der stigmatisierten Person verlangt wird, sich so zu benehmen,<br />
als ob es normal wäre, gleichzeitig wird ihr aber immer auch deutlich ge-