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Manfred Hutter (Bonn)<br />

WEISHEIT UND "WEISHEITSLITERATUR" IM<br />

HETHITISCHEN KLEINASIEN.<br />

In der Untersuchung von hethitischer Literatur oder Literaturgattungen<br />

ist man in der Regel von europäischen literaturgeschichtlichen oder literaturtheoretischen<br />

Modellen beeinflusst. Fragt man jedoch näher, ob in der<br />

hethitischen Überlieferung eigene "Literaturgattungen" oder Prozesse der<br />

Kategorisierung von Literatur vorliegen, stößt man schnell an Grenzen hinsichtlich<br />

der Frage, was die Hethiter als Literatur empfunden haben. So<br />

könnte man zwar theoretisch alles in hethitischer Keilschrift Geschriebene<br />

als "Literatur" verstehen oder letztere auf "schöne Literatur" oder Dichtung<br />

einschränken, wobei beide Extrempositionen kaum erfolgversprechend<br />

sind. 1 Wie problematisch die Übernahme bzw. Übertragung von externen<br />

Vorstellungen ist, sei in diesem kleinen Beitrag illustriert, in dem gezeigt<br />

werden soll, dass eine im Sinne der Wissenschaft des Alten Testaments<br />

anhand von Texten der Hebräischen Bibel als "Weisheitsliteratur" bezeichnete<br />

Literaturgattung 2 im hethitischen Schrifttum (stärker noch als dies in<br />

der keilschriftlichen Überlieferung Mesopotamiens 3 der Fall ist) kaum vorhanden<br />

ist.<br />

1. Alltagswissen und Alltagserfahrung<br />

Wenn hethitische Texte von "Weisheit" (ḫattatar) sprechen, so kann<br />

man diesen Begriff auf "Wissenskultur" insgesamt beziehen, so dass das<br />

Spektrum von Weisheit sowohl jene Sachkenntnis, die durch Ausbildung,<br />

1<br />

2<br />

3<br />

Vgl. Güterbock 1978: 212. – Am plausibelsten ist beim aktuellen Forschungsstand, sich<br />

vom Überlieferungsbefund leiten zu lassen, d.h. jene Texte zu beachten, die in mehreren<br />

Abschriften (Duplikaten) vorliegen, was offensichtlich auf einen Prozess der "Bewahrung"<br />

schließen lässt, indem man durch die Abschriften das Wissen der Texte als für die hethitische<br />

Kultur überlieferungswürdig empfand, sichern und weitergeben wollte; insofern<br />

könnte man solche Texte als "Literatur" bezeichnen, während nur einmalig erhaltene Texte<br />

lediglich als "Gebrauchstexte" über einen kürzeren Zeitraum aufbewahrt wurden, ohne die<br />

Dauer der Überlieferung dadurch zu intendieren; vgl. dazu van den Hout 2002: 865-867,<br />

877; van den Hout 2006: 78; Dardano 2006: 16f.<br />

Vgl. etwa dazu die einschlägigen Abschnitte bei Zenger 1998. – Neben der Weisheits"literatur"<br />

der Hebräischen Bibel ist aber zu betonen, dass hebräisch "Weisheit"<br />

(ḥokmā) ein teilweise der hethitischen Tradition vergleichbares Bedeutungsspektrum<br />

aufweist, indem "Weisheit" sowohl Schreibergelehrsamkeit, handwerkliche Fähigkeiten,<br />

aber auch Einsicht oder Vernunft umschreiben kann; vgl. dazu beispielhaft zuletzt anhand<br />

des relativ jungen Textes aus Jesus Sirach (2. Jh. v.Chr.) Marböck 2008.<br />

Lambert 1960; vgl. Beckman 1986: 26f.<br />

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