Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
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Nach wie vor dürfen sich Asylbewerber während ihres Asylverfahrens nicht ohne Erlaubnis<br />
außerhalb des Landkreises bewegen, in dem ihr Aufenthalt vorgesehen ist. In den 1980er<br />
und 1990er Jahren lebten zudem sehr viele Flüchtlinge in Asylbewerberheimen. Ihr Alltagsleben<br />
war anstaltsförmig organisiert. Besucher mussten sich beispielsweise bei der Wohnheimverwaltung<br />
an- und abmelden. Der Verwaltung war häufig der Zutritt zu den Unterkünften<br />
gestattet. Diese Behandlung der Flüchtlinge wurde nicht nur von deutschen Organisationen<br />
kritisiert, sondern mehrfach auch vom Hohen Flüchtlingskommissar der UNO. 12 Die berüchtigte<br />
Führung von Asylbewerberheimen besteht in der Form allerdings heute nicht mehr,<br />
da mittlerweile ein Großteil der De-Facto-Flüchtlinge in eigenen Wohnungen wohnt. Heute<br />
sind die Asylbewerber lediglich in den ersten drei Monaten zur Erstaufnahme verpflichtet, in<br />
einem Asylbewerberheim zu wohnen. Doch wird der Umzug meist aus finanziellen Gründen -<br />
wegen des Asylbewerberleistungsgesetzes - nicht bewilligt.<br />
Die rechtliche Lage wirkt sich auf die soziale Situation und den Alltag der Familien aus. Auch<br />
der Kinderreichtum und der geringe Bildungsgrad der Eltern verschärfen die soziale Situation.<br />
Viele der arabischen Jugendlichen weisen daher heute als Gemeinsamkeiten ein geringes<br />
Bildungsniveau, geringes Einkommen, schlechte und beengte Wohnverhältnisse, Arbeits-<br />
und Beschäftigungslosigkeit auf.<br />
Kulturelle Entfremdung<br />
Palästinenser und Kurden waren bereits im Libanon diskriminierte Minderheiten und Palästinenser<br />
hatten schon im Libanon den Status von Flüchtlingen und lebten zum Großteil in<br />
Flüchtlingslagern, hatten Berufsverbot und kamen aus sehr ärmlichen Verhältnissen. 13 Diejenigen,<br />
die in den 1980er und 1990er Jahren in Deutschland ankamen, machten auch hier<br />
wiederholt die Erfahrung, diskriminiert zu werden. So schwand bei ihnen allmählich das Interesse<br />
an der hiesigen Gesellschaft, und infolge einer zunehmenden Isolierung nahm die gegenseitige<br />
Ablehnung immer mehr zu. Durch das Leben im Heim und das Arbeitsverbot wurde<br />
ihnen die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Geschehen verwehrt.<br />
Aus dieser Isolation heraus bildeten sie so genannte „arabische Dörfer“, in denen sie<br />
nach ihren eigenen Regeln und Traditionen leben. In ihnen schotten sie sich regelrecht von<br />
der deutschen Gesellschaft ab, die in ihren Augen ungeordnet, zügel- und tabulos, ohne<br />
Werte und Moral sei. Sie räume ihren Mitgliedern zu viele Freiheiten ein. Deshalb müsse<br />
man sich vor ihr schützen. Soziale und kulturelle Konflikte werden dabei auf die Abkehr von<br />
der Religion zurückgeführt. Aus all diesen Gründen findet eine Rückbesinnung auf die eigene<br />
Religion und die Traditionen des Herkunftslandes statt. Diese Entwicklung wirkt sich negativ<br />
auf kommende Generationen aus, die in diesen „arabischen Dörfern“ aufwachsen und<br />
in diesen Strukturen haften bleiben.<br />
Auswirkungen auf den Schulalltag<br />
Inzwischen sind einige ehemalige Flüchtlinge eingebürgert, andere haben eine befristete<br />
oder unbefristete Aufenthaltserlaubnis, während manche nach wie vor nur mit Aufenthaltsgestattung<br />
oder Duldung in Berlin leben. Viele von ihnen haben wenig Erfahrung in der Berufswelt,<br />
und so leben deren Kinder keinen durch arbeitende Eltern bestimmten Tagesrhythmus.<br />
Wenn es Berufserfahrung gibt, liegt diese meistens im Autohandel bzw. in der Gastronomie.<br />
Die Kinder sind dann manchmal die einzigen in der Familie, die früh aufstehen müs-<br />
12 Haar, Elke von der: Leitfaden Jugendberatung: Fortbildungsprojekt Jugendberatung, FHSS Berlin<br />
1992, S. 167<br />
13 Kaspar, Birgit: Die Sicherheit in den libanesischen Palästinensercamps, Deutschlandradio<br />
16.06.2007 (http://www.dradio.de/dlf/sendungen/einewelt/636529/). - Nach dem Bürgerkrieg galt für<br />
Palästinenser im Libanon ein Arbeitsverbot für 73 Berufe.<br />
[Im Juni 2005 soll das Arbeitsministerium eine Aufhebung einiger Arbeitsverbote auf 20 Berufe ausgesprochen<br />
haben, (Siehe auf Arabisch: http://www.amnesty.org/ar/alfresco_asset/db7ad2e1-a321-<br />
11dc-8d74-6f45f39984e5/mde180102007ar.html) wobei die akademischen Berufe, wie Arzt, Anwalt,<br />
Architekt, weiterhin außen vor bleiben. Siehe: Le Monde diplomatique: 50 Jahre Einsamkeit, von Marina<br />
da Silva, 07.07.2006]<br />
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