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Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny

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4.3 Hinzuziehung schulexterner Berater und Vermittler<br />

4.3.1 Externe Fachkräfte als Vermittler: Erfahrungen aus der Vermittlungstätigkeit an Schulen<br />

bei Problemen mit Schwimmunterricht, Sexualkundeunterricht und der Teilnahme an<br />

Klassenfahrten<br />

Lina Ganama und Hannah <strong>Dr</strong>exel<br />

In vielen Vermittlungsgesprächen mit arabischen Eltern haben wir die Erfahrung gemacht,<br />

dass sie Klassenfahrten, Schwimm- und Sexualkundeunterricht zwar häufig islamisch begründet<br />

ablehnen, in Wirklichkeit aber oft die Angst vor dem Unbekannten dahinter steht.<br />

Ausführliche Gespräche mit den Elternteilen führen häufig dazu, dass sie zugeben, aufgrund<br />

mangelnder Informationen falsche oder andere Vorstellungen gehabt zu haben. Manchmal<br />

sind es auch schlechte Erfahrungen, von denen sie gehört haben oder die sie selbst gemacht<br />

haben, die sie auf die konkret anstehenden Fragen übertragen.<br />

Entscheidend für den Erfolg der Gespräche ist unserer Erfahrung nach, dass sie auf gleicher<br />

Augenhöhe geführt werden. Wir versetzen uns zunächst im Gespräch an ihre Stelle und fühlen<br />

uns in ihre Denkweise ein. Wir thematisieren die kulturelle Unterschiedlichkeit zwischen<br />

ihren Herkunftsländern und ihrer neuen Heimat Deutschland. Wenn wir zum Schluss mit ihnen<br />

zu einer Abmachung kommen, die für beide Seiten akzeptabel ist, ist es sehr wichtig,<br />

dass sie ihr Gesicht wahren können und ihre vorherige ablehnende Haltung als Informationsdefizit<br />

wahrnehmen können, nicht als Mangel in ihrer Person.<br />

Beispiel Schwimmunterricht<br />

Probleme mit dem Schwimmunterricht, der üblicherweise in der dritten Klasse angeboten<br />

wird, gibt es grundsätzlich nur bei Mädchen. Entweder werden von Seiten der Eltern Ausreden<br />

gebraucht wie: „Meine Tochter hat eine Allergie“, „meine Tochter hat Angst vor dem<br />

Wasser“, oder die Ablehnung wird islamisch begründet: „Das Zeigen des weiblichen Körpers<br />

ist im Islam verboten“.<br />

Im Fall von (angeblicher) Allergie wird z.B. ein Attest eines Arztes vorgelegt, das möglicherweise<br />

auf Wunsch der Eltern erstellt wurde. In solchen Fällen raten wir dazu, das Kind vom<br />

bezirklichen Gesundheitsamt untersuchen zu lassen.<br />

Im Fall der Angst vor dem Wasser kann gut argumentiert werden, dass der Schwimmunterricht<br />

gerade dafür da ist, diese Angst zu nehmen. Da in arabischen Ländern zumindest in<br />

den staatlichen Schulen Schwimmen kein reguläres Unterrichtsfach ist, versuchen wir, den<br />

Eltern klar zu machen, dass dies eine Chance für ihre Kinder darstellt, die sie selbst nicht<br />

gehabt hatten. Wir erklären ihnen, dass Schwimmen in Deutschland ein zum Alltag gehörender<br />

Sport ist. Auch aus Sicherheitsgründen sei es für die Kinder sinnvoll, dies systematisch<br />

zu erlernen. Dabei erzählen wir eine reale Begebenheit aus dem Nahen Osten, bei der eine<br />

Mutter hilflos mit ansehen musste, wie ihr Kind ertrank, weil sie selbst nicht schwimmen<br />

konnte.<br />

Im Fall der islamisch begründeten Ablehnung erinnern wir die Eltern daran, dass das Mädchen<br />

die islamische Pflicht, ihren Körper zu bedecken, erst bei körperlicher Reife, d.h., bei<br />

Einsetzen der Regelblutung erfüllen muss. Wird von den Eltern daraufhin argumentiert, das<br />

Mädchen sollte sich schon vorher daran gewöhnen, erklären wir, dass dies nirgendwo in<br />

islamischen Schriften niedergeschrieben ist. Das wichtigste Argument aber ist folgender<br />

Prophetenausspruch: „Bringt euren Kindern (nicht euren Jungen!) Schwimmen, Reiten und<br />

Bogenschießen bei“.<br />

Wenn die Eltern schließlich überzeugt werden konnten, sieht eine Vereinbarung zwischen<br />

Eltern und Lehrern unter unserer Vermittlung meistens so aus:<br />

Als Bekleidung darf eine Radlerhose über oder unter dem Bade- bzw. Turnanzug angezogen<br />

werden. In Fällen, in denen Mädchen Kopftuch tragen, dürfen sie mit Badekappe schwimmen.<br />

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