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Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny

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Freitagsgebet an. Die Empfehlung des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) hierzu<br />

ist hingegen weniger hilfreich:<br />

Da in Deutschland Schulpflicht besteht, was der ZMD ausdrücklich anerkennt, käme die Teilnahme<br />

einem unentschuldigten Fehlen gleich und hätte eine Schulversäumnisanzeige zur<br />

Folge, wenn sich Schülerinnen oder Schüler unerlaubt vom Unterricht entfernen, um das<br />

Freitagsgebet zu verrichten. Das Fehlen beim Freitagsgebet muss daher als unvermeidbar<br />

bewertet werden und kann nicht als „Sünde“ angesehen werden.<br />

e) Christliche Feiertage und Symbole<br />

Die Erfahrungen mit muslimischen Schülern im Umgang mit christlichen Festen und Feiertagen<br />

unterscheiden sich enorm. Manche Schulen sehen keine spezifischen Probleme, ja sie<br />

berichten sogar, dass muslimische Schüler gerne und besonders engagiert an den Feierlichkeiten<br />

teilnehmen. Andere berichten frustriert, dass sie mittlerweile auf jegliche christliche<br />

Konnotation verzichten, da dies ohnehin nur zu Ablehnung und Boykott führen würde. Doch<br />

wo liegen die religiösen Bedenken, etwa gegen Weihnachts- und Osterfeiern Welche Lösungen<br />

bieten sich an, um nicht ganz auf die Feiern zu verzichten und dennoch auf die religiösen<br />

Bedenken der Muslime Rücksicht zu nehmen<br />

Wenn christliche Rituale abgelehnt werden, kann dies aus Protest gegen eine etwaige Ignoranz<br />

muslimischer Feiern geschehen, oder aus dem Gefühl heraus, sich gegen das Christentum<br />

der Mehrheitsgesellschaft behaupten zu müssen. Es können aber auch theologische<br />

Motive eine Rolle spielen, wobei meist die unterschiedliche Deutung von Jesus Christus im<br />

Mittelpunkt steht, den Muslime als Propheten verehren, nicht jedoch als „Sohn Gottes“ anerkennen.<br />

Die Vorstellung einer Gottessohnschaft gilt ihnen als Verletzung des strengen Monotheismus,<br />

ja als Rückfall in den Polytheismus. Auch Jesu Kreuzestod wird im Islam nicht<br />

anerkannt. Der „wahre“ Jesus sei kurz vor der Kreuzigung durch einen Doppelgänger vertauscht<br />

und so gerettet worden. Deshalb wird auch das Kreuz als Symbol strikt abgelehnt –<br />

politisch gewendet auch wegen der Symbolik der Kreuzritter, die im 11.-13. Jahrhundert Heilige<br />

Kriege gegen die Muslime geführt hatten.<br />

Die Verehrung Jesu und die Feier seiner Geburt zu Weihnachten ist hingegen weniger problematisch,<br />

wenn auf betont christliche Symbolik verzichtet wird. 41 Wenn Weihnachtslieder<br />

abgelehnt werden, kann dies daran liegen, dass Jesus darin als „Sohn Gottes“ bezeichnet<br />

wird. Wenn ein Krippenspiel aufgeführt werden soll, können muslimische Schüler/innen unverfängliche<br />

Rollen oder technische Dienste übernehmen, wenn sie dies wünschen. Möglicherweise<br />

sehen sie aber auch gar keine Probleme in den „christlichen“ Ritualen und nehmen<br />

gerne daran teil. Solange sie nicht von sich aus Bedenken äußern, sollte man das „Anderssein“<br />

auch nicht übertrieben hervorheben und den Kindern keine Sonderrolle zuschreiben,<br />

die sie für sich gar nicht wünschen.<br />

Letztendlich hängt der Umgang mit Festen der verschiedenen Religionsgemeinschaften sehr<br />

von der Zusammensetzung der Klasse, der Dominanz oder Minderheitenstellung von Gemeinschaften,<br />

negativen wie positiven „Meinungsmachern“ und einem respektvollen oder<br />

Ressentiment beladenen Umgang miteinander ab. Hier sind kreative Lösungen gefragt, wie<br />

möglichst alle beteiligten Religionen anerkannt und in den Unterricht aufgenommen werden<br />

können und gleichzeitig bei Festen niemand ausgegrenzt wird. So können beispielsweise<br />

auch religionsübergreifende Themen aufgegriffen werden wie die Frage, was Engel in Islam<br />

und Christentum sind, die Bedeutung von Gotteshäusern, Fasten, Lebensübergängen oder<br />

Gebeten. Gerade religiöse junge Muslime sind oft sehr an der Begegnung mit anderen Religionen<br />

interessiert.<br />

41 Nur wenige fanatische Muslime lehnen Geburtstagsfeiern prinzipiell ab – unter anderem auch die<br />

des Propheten Muhammad (Maulid an-Nabī) -, weil sie zu einer Verehrung eines Menschen führe, die<br />

aber nur Gott zustehe.<br />

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