Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
mit den „Schriftbesitzern“ (Juden und Christen) aufgefordert und der „gemeinsame Glauben“<br />
betont: „Und streitet mit den Leuten der Schrift nie anders als auf eine möglichst gute Art –<br />
mit Ausnahme derer von ihnen, die Frevler sind! Und sagt: 'Wir glauben an das, was zu uns<br />
und zu euch herab gesandt worden ist. Unser und euer Gott ist einer. Ihm sind wir ergeben'„<br />
(Koran 29:46). Laut Vers 5:48 entspringt die Vielfalt an Religionen Gottes Plan: „(...) Wenn<br />
Gott es gewollt hätte, hätte er euch zu einer einzigen (Religions-)Gemeinschaft (umma) gemacht.<br />
Doch will er euch darin prüfen, was er euch (vor)gab. So tut Gutes um die Wette! Zu<br />
Gott kehrt ihr alle zurück, dann klärt er euch über das auf, worüber ihr uneins wart.“ In Koran<br />
49:13 wird die ethnische Vielfalt gepriesen: „O ihr Menschen, wir haben euch von Mann und<br />
Frau erschaffen und euch zu Völkern und Stämmen gemacht, dass ihr einander kennen<br />
lernt. Vor Gott ist der Angesehenste von euch derjenige, der am meisten im Bewusstsein<br />
seiner Verantwortung vor Gott lebt.“ In Koran 2:62 wird auch Andersgläubigen göttlicher<br />
Lohn versprochen: „Diejenigen, die glauben, und diejenigen, die Juden sind, und die Christen<br />
und die Sabier, all die, die an Gott und den Jüngsten Tag glauben und Gutes tun, erhalten<br />
ihren Lohn bei ihrem Herrn, sie haben nichts zu befürchten und sie werden nicht traurig<br />
sein.“<br />
Das vorbildliche Handeln des Propheten (Sunna) liefert für viele religiöse Muslime eine<br />
Richtschnur für das Leben im Westen. Bereits die frühe islamische Gemeinde Muhammads<br />
habe 615 n. Chr. Versorgung und Schutz vor Verfolgung im christlichen Königreich Äthiopien<br />
gefunden. Dies kann als Vorbild für Muslime betrachtet werden, die in einer nichtislamischen<br />
Umwelt leben. Allgemein gilt, dass Muslime in Europa auch aus religiösen Motiven<br />
Person, Ruf und Vermögen der Nichtmuslime als unantastbar respektieren müssen.<br />
Meist aus Unwissenheit und im Bestreben, die eigene Religion zu behaupten, lehnen manche<br />
muslimische Schüler/innen das Betreten von Kirchen, etwa auf Klassenfahrten, ab. Dem<br />
lässt sich entgegenhalten, dass es Muslimen durchaus erlaubt ist, Gotteshäuser anderer<br />
Religionen zu betreten, solange keine gottesdienstliche Handlung damit verbunden ist. Denn<br />
dies bezeuge Respekt und diene der Information.<br />
Problematisch ist mitunter die innerislamische Konkurrenz, die bis zur Nichtanerkennung<br />
verschiedener Konfessionen reichen kann. Der Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten ist<br />
durch den Bürgerkrieg im Irak ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Aleviten und Anhänger<br />
der Ahmadiya werden von vielen Muslimen nicht als Teil des Islams anerkannt. Insbesondere<br />
radikale Bewegungen versuchen durch eine Ideologisierung des Islams, die eigene Interpretation<br />
zur einzig verbindlichen Tradition zu erklären und alle anderen Richtungen als Abtrünnige<br />
auszugrenzen. Am extremsten interpretiert dies die in Saudi-Arabien dominante<br />
Richtung der Wahhabiyya, der viele der jihadistischen Terrorgruppen anhängen und deren<br />
ideologische Positionen auch in radikal-islamistischen (salafitischen) deutschen Strömungen<br />
verbreitet werden. Sie stützt sich dabei auf einen Propheten-Hadith, dass es im Islam 73<br />
Gruppen gebe, von denen 72 irregeleitete Sekten seien und nur eine (selbstverständlich die<br />
Wahhabiyya) rechtgläubig sei. 25 Wegen dieser radikalen Intoleranz gelten Wahhabiten auch<br />
innerislamisch als fanatische Übertreiber. Denn sie maßen sich an, ein Urteil über den Glauben<br />
anderer Muslime zu fällen, was laut Mainstream-Islam allein Gott zustehe. Dieser engstirnigen<br />
Position wird die verbreitete Tradition entgegengehalten: „Die Meinungsverschiedenheit<br />
meiner Gemeinde ist eine Gnade.“ Auch der Koranvers 2:256 „In der Religion gibt es<br />
keinen Zwang“ (d.h., man kann niemanden zum (rechten) Glauben zwingen) wird von heutigen<br />
Religionsgelehrten im Sinne religiöser Toleranz, teilweise sogar der Möglichkeit zu Konversion<br />
und Glaubensabfall gedeutet.<br />
25 Ibn Bāz, Großmufti von Saudi-Arabien bis zu seinem Tod 1999; Fatwa unter http://fatwaonline.com/fataawa/creed/deviants/0010326_2.htm<br />
35