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Herr ist barmherzig und bereit zu vergeben.“ Wenn beispielsweise ein Muslim unwissentlich<br />

Schweinefleisch isst, so gilt dies nicht als Sünde. Auch dürfen Muslime von und mit Christen<br />

und Juden essen: „Heute sind euch die köstlichen Dinge erlaubt. Die Speise derer, denen<br />

das Buch zugekommen ist, ist euch erlaubt, und eure Speise ist ihnen erlaubt.“ (Koran 5:5)<br />

Schwierigkeiten können für muslimische Schüler/innen bei industriell gefertigten Lebensmitteln<br />

wie Gelatine oder mit tierischen Fetten gebratenem Essen bestehen. Bei strenger Auslegung<br />

sind auch viele mithilfe von Alkohol oder Schweinefleisch hergestellte Produkte wie<br />

Kosmetika und Medikamente verboten. Allerdings: Wenn eine im Ursprung verbotene Substanz<br />

durch die chemische Umwandlung eine neue molekulare Zusammensetzung erhält, so<br />

werde sie, das meinen islamische Rechtsgelehrte - zu Erlaubtem (etwa aus Alkohol hergestellter<br />

Essig). Muslimische Jugendliche diskutieren etwa, ob man auf Gummibärchen verzichten<br />

soll, weil auch Schweinegelatine zu deren Herstellung verwendet wird.<br />

Streng gläubige Muslime verlangen, dass Tiere nach islamischer Weise geschlachtet werden,<br />

damit der Verzehr ihres Fleisches halāl (erlaubt) ist. Innerislamisch umstritten ist, ob es<br />

gestattet ist, das Tier wie vom deutschen Tierschutzgesetz vorgeschrieben vor der Schächtung<br />

zu betäuben. Auf keinen Fall aber darf es ihrer Auffassung nach durch die Betäubung<br />

bereits gestorben sein, da es sonst als (verbotenes) Aas gilt. Manche Gelehrte nennen weitere<br />

Tabus, die im hiesigen Alltag aber ohnehin kaum eine Rolle spielen, etwa Raubtiere,<br />

Fische ohne Schuppen oder von Hunden gejagte Beute. Notsituationen heben indes alle<br />

Verbote auf: In einer Hungerkatastrophe dürfte, ja müsste Schweinefleisch gegessen werden,<br />

um nicht zu verhungern, vor dem Verdursten alkoholhaltige Getränke getrunken werden,<br />

wenn es keine andere Lösung gibt.<br />

Die Bandbreite der Verhaltensweisen von Muslimen ist auch in dieser Frage enorm. Manche<br />

halten sich an keine der Verbote, andere legen sie äußerst restriktiv aus. Am besten dürfte<br />

es sein, die Schüler/innen oder Eltern selbst zu fragen, welches Essen sie ablehnen – oder<br />

positiv gewendet, welches sie empfehlen würden. Bei kürzeren Ausflügen lassen sich durch<br />

ein Angebot an vegetarischem Essen oder Fisch Konflikte vermeiden. Mittlerweile nehmen<br />

Schullandheime und andere Jugendeinrichtungen auf die Besonderheiten muslimischer<br />

Schüler/innen Rücksicht. Vielleicht kann auch ein muslimisches Elternteil als Koch/Köchin für<br />

die Klassenfahrt oder als Cafeteria-Betreiber/in an der Schule gewonnen werden.<br />

Literaturtipp: Die Verbraucherzentrale Bremen bietet einen „Einkaufsführer für Muslime und<br />

für VegetarierInnen“ an (http://www.verbraucherzentrale-bremen.de), in dem sie Lebensmittel<br />

auflistet, die „kein Fleisch, keine Fette und Öle von Schlachttieren enthalten, frei von Zusatzstoffen<br />

aus Schlachttieren sind, keine alkoholischen Zutaten enthalten und auch in ihren<br />

zusammengesetzten Zutaten frei von den o. g. Bestandteilen sind.“<br />

(11) Leistungsverweigerung und Wissenserwerb<br />

„Wir sollten uns nicht schämen, die Wahrheit anzuerkennen, ganz gleich, aus welcher Quelle<br />

sie zu uns kommt, selbst wenn frühere Generationen und fremde Völker sie uns bringen. Für<br />

den Wahrheitssucher ist nichts von höherem Wert als die Wahrheit selbst.“ 48<br />

Aggressive Unterrichtsstörung und Respektlosigkeit sind unter jugendlichen Migranten<br />

(noch) vorwiegend ein Jungenphänomen. Muslimische Schüler benützen mitunter ein islamisches<br />

Idiom (Kāfir – „Ungläubiger“, Plural: Kuffār) zur Beschimpfung ihrer Lehrkräfte. Diese<br />

deuten umgekehrt das Fehlverhalten als Ausdruck religiöser Gesinnung und islamisch geprägter,<br />

männlicher Dominanzkultur. Aus schlicht pubertärer Autoritätsverweigerung und<br />

Machismo wird so ein „islamischer Ehrenkodex“ stilisiert. Allerdings tritt solches Verhalten<br />

48 al-Kindi, islamischer Philosoph, ca. 801-866; zitiert nach: Albert Hourani, Die Geschichte der arabischen<br />

Völker, Frankfurt a. M. 2001, S. 109.<br />

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