Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
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Herr ist barmherzig und bereit zu vergeben.“ Wenn beispielsweise ein Muslim unwissentlich<br />
Schweinefleisch isst, so gilt dies nicht als Sünde. Auch dürfen Muslime von und mit Christen<br />
und Juden essen: „Heute sind euch die köstlichen Dinge erlaubt. Die Speise derer, denen<br />
das Buch zugekommen ist, ist euch erlaubt, und eure Speise ist ihnen erlaubt.“ (Koran 5:5)<br />
Schwierigkeiten können für muslimische Schüler/innen bei industriell gefertigten Lebensmitteln<br />
wie Gelatine oder mit tierischen Fetten gebratenem Essen bestehen. Bei strenger Auslegung<br />
sind auch viele mithilfe von Alkohol oder Schweinefleisch hergestellte Produkte wie<br />
Kosmetika und Medikamente verboten. Allerdings: Wenn eine im Ursprung verbotene Substanz<br />
durch die chemische Umwandlung eine neue molekulare Zusammensetzung erhält, so<br />
werde sie, das meinen islamische Rechtsgelehrte - zu Erlaubtem (etwa aus Alkohol hergestellter<br />
Essig). Muslimische Jugendliche diskutieren etwa, ob man auf Gummibärchen verzichten<br />
soll, weil auch Schweinegelatine zu deren Herstellung verwendet wird.<br />
Streng gläubige Muslime verlangen, dass Tiere nach islamischer Weise geschlachtet werden,<br />
damit der Verzehr ihres Fleisches halāl (erlaubt) ist. Innerislamisch umstritten ist, ob es<br />
gestattet ist, das Tier wie vom deutschen Tierschutzgesetz vorgeschrieben vor der Schächtung<br />
zu betäuben. Auf keinen Fall aber darf es ihrer Auffassung nach durch die Betäubung<br />
bereits gestorben sein, da es sonst als (verbotenes) Aas gilt. Manche Gelehrte nennen weitere<br />
Tabus, die im hiesigen Alltag aber ohnehin kaum eine Rolle spielen, etwa Raubtiere,<br />
Fische ohne Schuppen oder von Hunden gejagte Beute. Notsituationen heben indes alle<br />
Verbote auf: In einer Hungerkatastrophe dürfte, ja müsste Schweinefleisch gegessen werden,<br />
um nicht zu verhungern, vor dem Verdursten alkoholhaltige Getränke getrunken werden,<br />
wenn es keine andere Lösung gibt.<br />
Die Bandbreite der Verhaltensweisen von Muslimen ist auch in dieser Frage enorm. Manche<br />
halten sich an keine der Verbote, andere legen sie äußerst restriktiv aus. Am besten dürfte<br />
es sein, die Schüler/innen oder Eltern selbst zu fragen, welches Essen sie ablehnen – oder<br />
positiv gewendet, welches sie empfehlen würden. Bei kürzeren Ausflügen lassen sich durch<br />
ein Angebot an vegetarischem Essen oder Fisch Konflikte vermeiden. Mittlerweile nehmen<br />
Schullandheime und andere Jugendeinrichtungen auf die Besonderheiten muslimischer<br />
Schüler/innen Rücksicht. Vielleicht kann auch ein muslimisches Elternteil als Koch/Köchin für<br />
die Klassenfahrt oder als Cafeteria-Betreiber/in an der Schule gewonnen werden.<br />
Literaturtipp: Die Verbraucherzentrale Bremen bietet einen „Einkaufsführer für Muslime und<br />
für VegetarierInnen“ an (http://www.verbraucherzentrale-bremen.de), in dem sie Lebensmittel<br />
auflistet, die „kein Fleisch, keine Fette und Öle von Schlachttieren enthalten, frei von Zusatzstoffen<br />
aus Schlachttieren sind, keine alkoholischen Zutaten enthalten und auch in ihren<br />
zusammengesetzten Zutaten frei von den o. g. Bestandteilen sind.“<br />
(11) Leistungsverweigerung und Wissenserwerb<br />
„Wir sollten uns nicht schämen, die Wahrheit anzuerkennen, ganz gleich, aus welcher Quelle<br />
sie zu uns kommt, selbst wenn frühere Generationen und fremde Völker sie uns bringen. Für<br />
den Wahrheitssucher ist nichts von höherem Wert als die Wahrheit selbst.“ 48<br />
Aggressive Unterrichtsstörung und Respektlosigkeit sind unter jugendlichen Migranten<br />
(noch) vorwiegend ein Jungenphänomen. Muslimische Schüler benützen mitunter ein islamisches<br />
Idiom (Kāfir – „Ungläubiger“, Plural: Kuffār) zur Beschimpfung ihrer Lehrkräfte. Diese<br />
deuten umgekehrt das Fehlverhalten als Ausdruck religiöser Gesinnung und islamisch geprägter,<br />
männlicher Dominanzkultur. Aus schlicht pubertärer Autoritätsverweigerung und<br />
Machismo wird so ein „islamischer Ehrenkodex“ stilisiert. Allerdings tritt solches Verhalten<br />
48 al-Kindi, islamischer Philosoph, ca. 801-866; zitiert nach: Albert Hourani, Die Geschichte der arabischen<br />
Völker, Frankfurt a. M. 2001, S. 109.<br />
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