Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
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Denn keiner, auch nicht die Familie, müsse im Islam die Schuld eines anderen tragen. 29 Zudem<br />
sei Lynchjustiz streng verboten.<br />
Innerislamisch umstritten ist, ob es Mädchen erlaubt sei, auch ohne die Zustimmung ihres<br />
Vaters oder eines anderen männlichen Verwandten als Vormund (Wali al-Amr) einen Ehepartner<br />
auszuwählen. Die Befürworter argumentieren, dass jeder Mensch, sobald er erwachsen<br />
und reif geworden ist, zu selbständiger Entscheidung fähig sei. Aber auch diejenigen<br />
konservativ-religiösen Muslime, die die Zustimmung des Vormundes verlangen, lehnen<br />
Zwangsheiraten ab. Diese Ehen seien islamrechtlich ungültig, da für einen Vertragsabschluss<br />
– als solcher gilt die Ehe im Islam – die beidseitige freiwillige Zustimmung erforderlich<br />
sei.<br />
Literaturtipp: Zwangsverheiratung in Deutschland, Reader hrsg. vom BMFSFJ 2007 (hier auch<br />
weitere Literaturhinweise)<br />
(3) Die Stellung der Frau im Islam<br />
Neben der Gewaltfrage wird gegenwärtig wohl kein Thema des Islams so kontrovers diskutiert<br />
wie die gesellschaftliche Stellung der Frau. Ihre offensichtliche Diskriminierung (im Sinne<br />
von Unterscheidung) im Koran erklären viele Muslime damit, dass die Geschlechter zwar<br />
gleichwertig vor Gott, aber nicht gleichartig in ihrer Natur seien. Die Unterschiede rührten von<br />
verschiedenen Verantwortungen her, die Frau und Mann übernähmen. Frauen würden den<br />
Männern gegenüber nicht benachteiligt, und Muhammad habe die Situation der Frauen im<br />
Vergleich zur vorislamischen Periode sogar deutlich verbessert. Doch entspricht dieser relative<br />
Fortschritt noch heutigem Standard In sozial konservativen muslimischen Milieus dominiert<br />
nach wie vor die traditionelle Vorstellung einer naturgemäßen und gottgewollten Vorrangstellung<br />
des Mannes, die etwa mit Koran 4:34 begründet wird: „Die Männer stehen über<br />
den Frauen, weil Gott sie (von Natur vor diesen) ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben,<br />
die sie von ihrem Vermögen gemacht haben. (...) Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen<br />
sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie! Wenn sie euch<br />
(daraufhin wieder) gehorchen, dann unternehmt (weiter) nichts gegen sie! Gott ist erhaben<br />
und groß.“ 30 Solche Vorstellungen widersprechen deutlich dem Prinzip der Gleichberechtigung<br />
der Geschlechter.<br />
Mit dem sozialen Wandel gerät dieses tradierte Rollenmodell aber auch innerislamisch in die<br />
Kritik. Der größte Islamverband in Deutschland, DITIB, nahm ausdrücklich Stellung gegen<br />
Gewalt in der Ehe. Er interpretiert den Vers folgendermaßen: „Die Sure 4, Vers 34 wurde<br />
durch die Praxis des Propheten als gesittetes Auseinandergehen der Eheleute in familiären<br />
Spannungssituationen interpretiert. Das arabische Wort in der genannten Sure, das als<br />
´schlagen´ gedeutet wird, kann mehrere Bedeutungen haben. Aus diesem Grund sind die<br />
Koranübersetzungen auf dem Markt mit Vorsicht zu betrachten. Der Wesensgehalt dieser<br />
Koranstelle ist ausschließlich als das Auseinanderscheiden der Eheleute zu verstehen. So<br />
hat sich der Prophet Muhammad vorbildhaft in der Ehe gezeigt und jede Form der Gewalt in<br />
Wort und Tat gegenüber der Frau vermieden.“ 31<br />
Viele islamische Rechtsgelehrte verweisen auch darauf, dass in dem Vers nicht zwingend<br />
eine Überordnung, sondern ein Schutzverhältnis gemeint sei, da dem Mann im Islam die<br />
alleinige Verantwortung für den Unterhalt der Familie obliege, während die Frau eigene Einkünfte<br />
behalten dürfe. Gleichwohl kommen auch hier patriarchalische Einstellungsmuster<br />
29 Koran 6:164: „(...) Und jeder begeht nur zu seinem eigenen Nachteil (was er sich an Sünden zuschulde<br />
kommen lässt). Und keiner wird die Last eines anderen tragen. (...)“<br />
30 Diese Übersetzung von Rudi Paret folgt den traditionellen Interpretationen dieser Sure.<br />
31 Stellungnahme der DITIB vom 22.3.2007 mit dem Titel „Richterin rechtfertigt eheliche Gewalt mit<br />
dem Koran“, http://www.diyanet.org/de/pressemitteilungen/index.php.<br />
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