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Denn keiner, auch nicht die Familie, müsse im Islam die Schuld eines anderen tragen. 29 Zudem<br />

sei Lynchjustiz streng verboten.<br />

Innerislamisch umstritten ist, ob es Mädchen erlaubt sei, auch ohne die Zustimmung ihres<br />

Vaters oder eines anderen männlichen Verwandten als Vormund (Wali al-Amr) einen Ehepartner<br />

auszuwählen. Die Befürworter argumentieren, dass jeder Mensch, sobald er erwachsen<br />

und reif geworden ist, zu selbständiger Entscheidung fähig sei. Aber auch diejenigen<br />

konservativ-religiösen Muslime, die die Zustimmung des Vormundes verlangen, lehnen<br />

Zwangsheiraten ab. Diese Ehen seien islamrechtlich ungültig, da für einen Vertragsabschluss<br />

– als solcher gilt die Ehe im Islam – die beidseitige freiwillige Zustimmung erforderlich<br />

sei.<br />

Literaturtipp: Zwangsverheiratung in Deutschland, Reader hrsg. vom BMFSFJ 2007 (hier auch<br />

weitere Literaturhinweise)<br />

(3) Die Stellung der Frau im Islam<br />

Neben der Gewaltfrage wird gegenwärtig wohl kein Thema des Islams so kontrovers diskutiert<br />

wie die gesellschaftliche Stellung der Frau. Ihre offensichtliche Diskriminierung (im Sinne<br />

von Unterscheidung) im Koran erklären viele Muslime damit, dass die Geschlechter zwar<br />

gleichwertig vor Gott, aber nicht gleichartig in ihrer Natur seien. Die Unterschiede rührten von<br />

verschiedenen Verantwortungen her, die Frau und Mann übernähmen. Frauen würden den<br />

Männern gegenüber nicht benachteiligt, und Muhammad habe die Situation der Frauen im<br />

Vergleich zur vorislamischen Periode sogar deutlich verbessert. Doch entspricht dieser relative<br />

Fortschritt noch heutigem Standard In sozial konservativen muslimischen Milieus dominiert<br />

nach wie vor die traditionelle Vorstellung einer naturgemäßen und gottgewollten Vorrangstellung<br />

des Mannes, die etwa mit Koran 4:34 begründet wird: „Die Männer stehen über<br />

den Frauen, weil Gott sie (von Natur vor diesen) ausgezeichnet hat und wegen der Ausgaben,<br />

die sie von ihrem Vermögen gemacht haben. (...) Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen<br />

sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie! Wenn sie euch<br />

(daraufhin wieder) gehorchen, dann unternehmt (weiter) nichts gegen sie! Gott ist erhaben<br />

und groß.“ 30 Solche Vorstellungen widersprechen deutlich dem Prinzip der Gleichberechtigung<br />

der Geschlechter.<br />

Mit dem sozialen Wandel gerät dieses tradierte Rollenmodell aber auch innerislamisch in die<br />

Kritik. Der größte Islamverband in Deutschland, DITIB, nahm ausdrücklich Stellung gegen<br />

Gewalt in der Ehe. Er interpretiert den Vers folgendermaßen: „Die Sure 4, Vers 34 wurde<br />

durch die Praxis des Propheten als gesittetes Auseinandergehen der Eheleute in familiären<br />

Spannungssituationen interpretiert. Das arabische Wort in der genannten Sure, das als<br />

´schlagen´ gedeutet wird, kann mehrere Bedeutungen haben. Aus diesem Grund sind die<br />

Koranübersetzungen auf dem Markt mit Vorsicht zu betrachten. Der Wesensgehalt dieser<br />

Koranstelle ist ausschließlich als das Auseinanderscheiden der Eheleute zu verstehen. So<br />

hat sich der Prophet Muhammad vorbildhaft in der Ehe gezeigt und jede Form der Gewalt in<br />

Wort und Tat gegenüber der Frau vermieden.“ 31<br />

Viele islamische Rechtsgelehrte verweisen auch darauf, dass in dem Vers nicht zwingend<br />

eine Überordnung, sondern ein Schutzverhältnis gemeint sei, da dem Mann im Islam die<br />

alleinige Verantwortung für den Unterhalt der Familie obliege, während die Frau eigene Einkünfte<br />

behalten dürfe. Gleichwohl kommen auch hier patriarchalische Einstellungsmuster<br />

29 Koran 6:164: „(...) Und jeder begeht nur zu seinem eigenen Nachteil (was er sich an Sünden zuschulde<br />

kommen lässt). Und keiner wird die Last eines anderen tragen. (...)“<br />

30 Diese Übersetzung von Rudi Paret folgt den traditionellen Interpretationen dieser Sure.<br />

31 Stellungnahme der DITIB vom 22.3.2007 mit dem Titel „Richterin rechtfertigt eheliche Gewalt mit<br />

dem Koran“, http://www.diyanet.org/de/pressemitteilungen/index.php.<br />

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