Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
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oder mit der Ikonisierung Bin Ladens die Option von Stärke, Macht und Autonomie des Outlaws<br />
im Ghetto suggeriert. Wenn schon ganz unten, dann wenigstens oben auf – oder in den<br />
Worten Bushidos: “Wir stürzen ab und ich ficke die Stewardess“.<br />
Ganz anders, betont angepasst und explizit gewaltlos, erscheint dagegen die Strömung des<br />
so genannten „Pop-Islam“. Ihr gehören muslimische Jugendliche beiderlei Geschlechts an,<br />
die sich, aus eher besser gestellten Elternhäusern stammend, auf der Grundlage des Islams<br />
erfolgreich in die Gesellschaft integrieren wollen. Sie wollen gute Bürger und gute Gläubige<br />
sein, dafür engagieren sie sich in sozialen Projekten. Sie sind Teil einer weltweiten Reislamisierungsströmung,<br />
die Internetseiten, TV-Sender, Modelabels oder Musikstars umfasst und<br />
wollen dort, wo sie wohnen, als Muslim leben. Dazu gehört auch, dass sie das öffentliche<br />
Bild vom Islam verbessern wollen und sich entschieden gegen islamistischen Terror wenden<br />
– etwa wenn Sami Yussuf, ein Idol der Bewegung, singt:<br />
„Jeden Tag seh ich die Headlines,<br />
Verbrechen im Namen des Herrn.<br />
Menschen verüben Grausamkeiten in seinem Namen,<br />
sie morden und entführen, ohne sich zu schämen.<br />
Aber hat er uns Hass, Gewalt und Blutvergießen gelehrt<br />
Nein… oh nein!“<br />
Trotz dieser klaren Abgrenzung vom Jihad-Islamismus stehen diese Jugendlichen den gängigen<br />
Islamismus-Kriterien in vielen Punkten näher als die Fans von Bushidos Sprüchen: Sie<br />
sind ausgesprochen fromm und folgen in punkto Bekleidung, Heirat, Sexualität und Familie<br />
in der Regel sehr konservativen Maßstäben. Sie betreiben Dawa, d.h. sie wollen „den richtigen“<br />
Islam verbreiten – unter Muslimen wie Nichtmuslimen. Viele von ihnen orientieren sich<br />
stark an international aktiven islamistischen Predigern wie Yussuf al-Qaradawi und berufen<br />
sich auf die islamischen Quellen Koran und Sunna als Vorgaben nicht nur des privaten Lebens,<br />
sondern auch des politischen Handelns und der anzustrebenden Gesellschaftsordnung.<br />
Letzteres würde sie nach den üblichen Kategorien (etwa der Ämter für Verfassungsschutz)<br />
zu Islamisten und Verfassungsfeinden machen. Tatsächlich müssen sich in ihren Augen aber<br />
Scharia und Grundgesetz gar nicht widersprechen – es käme, so sagen viele von ihnen, nur<br />
auf die Auslegung an (ijtihad). Zwar üben dieser Strömung zuzurechnende Bewegungen und<br />
Organisationen wie die Muslimische Jugend moralischen <strong>Dr</strong>uck auf Muslime aus, die anders<br />
leben, überlassen diesen aber die individuelle Entscheidung, ob sie etwa ein Kopftuch tragen<br />
oder Alkohol trinken wollen. Damit unterscheiden sie sich ausdrücklich von radikalislamistischen<br />
Gruppen wie der verbotenen Hizb ut-Tahrir. Diese erklären Muslime, die nicht<br />
ihren Glaubensvorstellungen folgen wollen, zu Ungläubigen (takfir) und lassen auch in puncto<br />
Staats- und Gesellschaftsordnung nur ihr eigenes Islamverständnis gelten.<br />
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