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4.2 Den Kontakt zu den Eltern fördern<br />

4.2.1 Interkulturelle Kooperation zwischen Elternhaus und Schule<br />

Evelin Lubig-Fohsel<br />

Rabiyas Eltern wollen ihre Tochter nicht am Schwimmunterricht teilnehmen lassen, Hasans<br />

Vater protestiert, dass das Sportfest in der Fastenzeit stattfinde, und Muhammad, ein muslimischer<br />

Schüler, begründet sein respektloses Verhalten der Lehrerin gegenüber damit, dass<br />

er nicht auf sie als Ungläubige zu hören brauche. Im Gespräch mit den Eltern erfahren Lehrkräfte<br />

oft nicht die erwünschte Unterstützung. Unterschiedliche Erwartungen und Erziehungsauffassungen<br />

prallen aufeinander, Missverständnisse und Vorurteile eskalieren zu<br />

Konflikten, die Fronten verhärten sich, und oft ist es zu spät, um gemeinsam nach Lösungen<br />

und Kompromissen zu suchen oder Vermittlungsinstanzen einzuschalten. Eine Lehrerin<br />

bringt ihre Einschätzung der Situation zum Ausdruck: „Da, wo sich muslimische Eltern mit<br />

Migrationshintergrund einbringen sollten, bei der Unterstützung ihrer Kinder beim Lernen,<br />

halten sie sich zurück. Bei Erziehungsfragen, die unsere Grundwerte tangieren, spielt der<br />

Islam eine immer größere Rolle. Der Islam ist nicht kompatibel mit unserer demokratischen<br />

Grundordnung.“<br />

Bei einer Veranstaltung mit muslimischen Müttern berichten diese, dass eine Lehrerin einem<br />

Kopftuch tragenden Mädchen im Unterricht das Tuch heruntergezogen habe. Ein Lehrer habe<br />

während des Ramadan seinen überwiegend muslimischen Schüler/innen gegenüber den<br />

Islam als menschenverachtende Religion charakterisiert, da er Menschen zum Hungern<br />

zwinge. Auf die Frage, warum sie sich mit diesen Erfahrungen nicht mit der Lehrkraft auseinandersetzen<br />

oder sich sogar an die Schulleitung wenden, erwiderten sie, dass sie nach<br />

ihren bisherigen Erfahrungen befürchteten, abgewiesen und nicht ernst genommen zu werden.<br />

Eine Mutter erklärte: „Lehrkräfte betrachten unseren Widerspruch als Störfaktor, als<br />

Sand im Getriebe. Sie spielen ihre Autorität und sprachliche Überlegenheit aus. Religiös begründete<br />

Erziehungsziele werden als unvereinbar mit demokratischen Prinzipien angesehen,<br />

dabei wissen sie nichts über den Islam. Mit meinem Kopftuch komme ich mir wie eine Feindin<br />

der Demokratie vor.“<br />

Kooperationsbarrieren: Misstrauen, Missverständnisse und Vorurteile<br />

Beispiele wie diese zeichnen kein repräsentatives Bild, vermitteln aber einen gewissen Einblick<br />

in eine weit verbreitete Grundstimmung (vgl. Woschniak 2005, Bärsch 2005, Ucar,<br />

2006). Nach über 40 Jahren jüngerer Einwanderungsgeschichte haben Misstrauen, Missverständnisse<br />

und Unkenntnis zu Verhärtungen und Stereotypisierungen sowohl auf Seiten der<br />

Eltern als auch der Lehrkräfte geführt. Ängste verhindern oft eine unvoreingenommene und<br />

differenzierte Auseinandersetzung. Eltern befürchten, dass ihre Kinder im „Wertechaos“ der<br />

westlichen Welt ohne religiöse Orientierungsmaßstäbe verloren gehen. Lehrkräfte warnen<br />

vor Überfremdung, islamistischer Unterwanderung und vor einer Verdrängung zivilgesellschaftlicher<br />

Werte.<br />

Schule ist der Raum, in dem mit solchen Ängsten praktisch umgegangen werden muss. Sollen<br />

sie als Herausforderungen einer Einwanderungsgesellschaft angenommen und ernst<br />

genommen werden, muss Schule Kooperationsformen anbieten, die zum besseren gegenseitigen<br />

Verstehen beitragen und die Entwicklung von Vertrauen und Respekt ermöglichen.<br />

Eltern brauchen eine Schule, die sich über die Angebote von Elternversammlungen, Elternsprechtag<br />

und der Mitarbeit in Schulgremien hinausgehend öffnet, in der sie sich angenommen<br />

und akzeptiert fühlen. Lehrkräfte brauchen angemessene Rahmenbedingungen, um<br />

sich ohne Zeitdruck und mit Gelassenheit auf die Kooperation einlassen zu können, und<br />

Fortbildungsangebote, um sozialkulturelle Hintergrundinformationen und kommunikative<br />

Kompetenzen zu erwerben, die sie für die interkulturelle Kooperation mit Eltern qualifizieren.<br />

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