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3.2 Gewalt männlicher Jugendlicher mit Migrationshintergrund<br />

Der folgende Beitrag fasst die wesentlichen Ergebnisse einer Studie der Landeskommission<br />

„Berlin gegen Gewalt“ zusammen: 50<br />

Junge Männer zwischen 14 und 21 Jahren mit Migrationshintergrund werden im Bereich von<br />

Gewaltdelikten in Relation zu ihrem Bevölkerungsanteil überproportional häufig polizeilich<br />

auffällig. Viele Intensivtäter stammen dabei aus drei muslimisch geprägten Migrantengruppen:<br />

Es handelt sich um Libanesen (6,9 % der Täter bei einem Anteil dieser jungen Männer<br />

an der Berliner Gesamtbevölkerung von 0,4 %), Palästinenser (6 % gegenüber 0,8 %) und<br />

Türken (20,4 % von 5,5 %) 51 . Dennoch wäre es verkürzt, „den Islam“ als direkt ursächlich für<br />

die Gewaltbereitschaft oder als Triebfeder für Gewalt fördernde Einstellungen und Verhaltensweisen<br />

(etwa ein islamzentriertes Überlegenheitsgefühl oder autoritäre Männlichkeitsnormen)<br />

zu nennen, wie dies polemisch mitunter geschieht.<br />

In bestimmten Fällen können religiöse Argumente Gewalt begleiten oder legitimierend angeführt<br />

werden. Dennoch stehen auch hierbei religiöse Überzeugungen mit sozioökonomischen<br />

und politischen Verhältnisse und kulturellen Normen in Wechselbeziehung. Der ideologiebelastete<br />

Streit, was in diesem Fall Ursache und was Wirkung ist, verstellt oft den Blick auf ein<br />

lösungsorientiertes Handeln. Der Islam (wie andere Religionen) bietet in seinen normativen<br />

Quellen unterschiedlichste Aussagen, die sowohl Gewalt befürwortende als auch Gewalt<br />

verneinende Interpretationen und Handlungsoptionen zulassen. Religiöse Überzeugungen<br />

und Handlungsmuster entstehen immer aus einer Reduktion der Vielfalt möglicher Deutungen,<br />

und sie sind das Produkt einer von sozialen, politischen und anderen Faktoren abhängigen<br />

kollektiven und individuellen Auswahl. Prägt eine militante Islaminterpretation das Gewaltverhalten<br />

der Jugendlichen Oder fördert eine aggressive Umgebung eine Gewalt legitimierende<br />

Islaminterpretation Wenn der Islam als wesenhaft gewaltsam und somit als Ursache<br />

für die Missstände gedeutet wird, hieße dies, dass die von Armut, Arbeitslosigkeit und<br />

Perspektivlosigkeit geprägte Misere in manchen Berliner Stadtvierteln und die schwierigen<br />

Verhältnisse an einigen Schulen mit hohem muslimischem Migrantenanteil nur durch Ordnungskräfte<br />

im Zaum gehalten, aber nicht wirklich gelöst werden könnten.<br />

Die Landeskommission „Berlin gegen Gewalt“ listet demgegenüber eine Vielzahl von Faktoren<br />

als mögliche Ursachen bzw. Risikofaktoren für gewalttätiges Verhalten männlicher Jugendlicher<br />

auf, die allesamt ohne „den Islam“ als Erklärungsmuster auskommen. Einige sind<br />

sozial bedingt, andere politisch, ökonomisch oder psychologisch zu erklären. Sie sind aber<br />

nicht als deterministisch in dem Sinne zu verstehen, dass jeder Schulversager oder jedes<br />

Kind, das Schläge im Elternhaus erlebt hat, automatisch zum Kriminellen wird! Es handelt<br />

sich vielmehr um Risikofaktoren, die in jedem Einzelfall berücksichtigt und in ihrer Relevanz<br />

gedeutet werden müssen.<br />

50 „Gewalt von Jungen, männlichen Jugendlichen und jungen Männern mit Migrationshintergrund in<br />

Berlin“ (Berliner Forum Gewaltprävention Nr. 28). Die vollständige Studie kann unter diesem Titel im<br />

Internet unter http://www.berlin-gegen-gewalt.de/ abgefragt werden.<br />

51 Die erste Zahl bezeichnet jeweils die Staatsangehörigkeit der bei der Staatsanwaltschaft Berlin<br />

(Stand 10.4.2006) registrierten männlichen Intensivtäter zwischen 14 und 21 Jahren. Angaben zum<br />

Bevölkerungsanteil stammen vom Statistischen Landesamt Berlin. Sie nennen die melderechtlich<br />

registrierten männlichen Einwohner im Alter von 14 bis 21 Jahren mit Hauptwohnsitz Berlin am<br />

30.6.2005 nach Staatsangehörigkeit. Legt man die ethnische Herkunft der bei der Staatsanwaltschaft<br />

registrierten Intensivtäter zugrunde, ist der Anteil aus diesen Herkunftsgemeinschaften sogar noch<br />

höher – allerdings auch ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung. Landeskommission Berlin gegen Gewalt,<br />

S. 114-117.<br />

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