Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
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Aber auch andere Religionen gehen ja davon aus, dass nur ihr Glaube zur Belohnung des<br />
Paradieses führt. Das ist eine Sache, die den Glauben betrifft, und ich kann als Mensch glauben,<br />
was ich möchte. Ich kann niemandem vorschreiben, was er glauben soll. In einer säkularen<br />
Gesellschaft sollte das eigentlich klar sein, und da darf man auch niemandem Vorwürfe<br />
machen. Wenn ich als Muslim glaube, dass allein meine Religion zum Paradies führt, und<br />
das verinnerliche ich als Muslim ganz klar, und alle anderen Wege nicht ins Paradies führen,<br />
heißt das nicht, dass ich zu einer Person gehe und sage: „Du kommst in die Hölle!“ Denn<br />
das weiß ich nicht. Ich bin nicht der Richter über die Menschen. Gott wird über die Menschen<br />
richten. In der islamischen Theologie haben wir außerdem viele Ausnahmeregelungen. Ein<br />
Mensch zum Beispiel, der keine Information über den Islam erhalten hat, wird von der Höllenstrafe<br />
ausgenommen.<br />
ROSINY: Dürfen und sollen sich Muslime gegenseitig in ihrem Glauben kontrollieren<br />
HEIDER: Es ist nicht meine Aufgabe als Muslim zu hinterfragen, ob ein Mensch ein „richtiger“<br />
Muslim ist, wenn er z.B. nicht betet oder seine anderen Pflichten als Muslim nicht erfüllt,<br />
aber weiterhin sagt: „Ich bin Muslim“. Es ist nicht meine Aufgabe, ihn als vom Glauben abgefallen<br />
zu bezeichnen oder irgendwelche Spekulationen anzustellen: „Es könnte ja sein, dass<br />
er nicht Muslim ist“. Das interessiert mich nicht. Wenn er sagt, er ist ein Muslim, dann ist er<br />
für mich ein Muslim und wird von mir wie ein Muslim behandelt in Bezug auf die religiösen<br />
Handlungen. Wenn er sterben sollte, dann wird er gewaschen wie ein Muslim und wird in<br />
einer muslimischen Grabstätte begraben. Bei einem Nichtmuslim kann es sein, dass er Muslim<br />
ist und ich weiß das gar nicht. Er wird wie ein Nichtmuslim nach dem Tod behandelt, d.h.,<br />
er wird nicht in einer muslimischen Grabstätte begraben. Aber es kann sein, dass er in seinem<br />
Herzen ein Muslim war. Das weiß ich ja nicht. Das interessiert mich auch nicht, was in<br />
den Herzen der Menschen ist, denn in die Herzen kann nur Gott schauen. Ich stelle mich<br />
nicht als Richter über die Menschen, sondern meine Aufgabe als Muslim ist, zu verinnerlichen,<br />
dass dies der einzige Weg für mich ist. Das darf aber keine Auswirkungen auf mein<br />
Verhalten Nichtmuslimen gegenüber haben. Denn der Islam geht davon aus, dass die<br />
Menschheit pluralistisch ist und dass es nun mal verschiedene Glaubensgemeinschaften<br />
gibt. Im Koran heißt es: „Wenn Gott gewollt hätte, hätte er die Menschen alle zu einer (Glaubens-)<br />
Gemeinschaft gemacht“. Wenn Gott das sagt und wenn der Koran das als eine gottgewollte<br />
Sache darstellt, ja dann kann ich ja nicht als Mensch kommen und sagen: Das geht<br />
ja nicht. Das kann ich ja gar nicht ändern, wenn das gottgewollt ist.<br />
ROSINY: Wie ist es aber bei ganz offensichtlichen Atheisten, die offen sagen „Ich glaube<br />
nicht an Gott!“ und „Muslime sind Lügner“ und „das ist alles Menschengeschaffen“<br />
HEIDER: Ich kann nicht sagen, ob solch ein Mensch in die Hölle kommt. Das weiß ich nicht.<br />
Ich weiß nicht, was Gott mit der einzelnen Person machen wird. Ich kann immer nur allgemein<br />
sagen: Für mich wird ein Nichtmuslim nicht ins Paradies kommen. Das ist für mich eine<br />
allgemeine Aussage. Es wird immer gesagt, wir seien eine absolutistische Religion. Was die<br />
Theologie betrifft, ja, da nimmt der Islam für sich in Anspruch, die einzig wahre Religion zu<br />
sein und den geraden Weg ins Paradies zu zeigen. Genauso wie das Christentum und das<br />
Judentum auch. Wir sagen ganz klar: Es gibt nur diesen einen Weg. Im Christentum gibt es<br />
verschiedene Sichtweisen, aber was den Katholizismus betrifft, so geht auch er davon aus,<br />
dass es nur einen einzigen Heilsweg gibt. Aber das bedeutet nicht, dass sich das negativ auf<br />
mein Verhalten Andersgläubigen gegenüber auswirken muss. Das ist eine falsche Schlussfolgerung,<br />
die vielleicht durch die christliche, durch die europäische Geschichte nachvollziehbar<br />
ist oder deshalb so geprägt ist, weil in der europäischen Geschichte oft Andersgläubige,<br />
insbesondere Juden verfolgt wurden, weil sie nicht diesem Heilsweg gefolgt sind. Aber<br />
auf die islamische Geschichte lässt sich dies nicht übertragen.<br />
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