Weblink...(PDF) - Dr. Stephan Rosiny
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ung. Das Morgengebet schafft man als Schüler auf jeden Fall. Selbst im tiefsten Winter beginnt<br />
es spätestens um sechs Uhr, und dann schafft man das vor der Schule.<br />
5. Freitagsgebet<br />
ROSINY: Wie ist es denn mit dem Freitagsgebet, das ja für männliche Muslime verpflichtend<br />
ist<br />
HEIDER: Das ist schon problematischer für die Jungs. Man sollte versuchen, daran teilzunehmen,<br />
wenn man es zeitlich schafft. In Berlin gibt es glücklicherweise mittlerweile Moscheen,<br />
die manchmal etwas später beten. Man kann versuchen, in diese Moscheen zu gehen.<br />
Wenn man es gar nicht schafft, gut, dann kann man nichts dafür. Dann muss man halt<br />
anstelle des Freitagsgebets das Mittagsgebet verrichten.<br />
6. Fasten im Ramadan<br />
ROSINY: Ein großer Konfliktbereich ist an vielen Schulen der Ramadan. Lehrende beklagen<br />
einen generellen Leistungsabfall. Sie berichten, dass sich Kinder übergeben, weil sie morgens<br />
zu viel Essen in sich hineinschlingen, und dass Kinder wegen Unterzuckerung Kreislaufprobleme<br />
bekommen und kollabieren, aber trotzdem weiter fasten wollen.<br />
HEIDER: Ich glaube, das ist etwas übertrieben. Fasten wird erst mit der Pubertät zur Pflicht.<br />
Vorher ist es empfehlenswert, damit sich die Kinder langsam schon an das Fasten gewöhnen.<br />
ROSINY: Liegt es nicht in der Eigenverantwortung des Muslims, seine Rituale zu vollführen<br />
Wenn jemand in seinen Prüfungen steckt und sich sagt, dass etwa das Abitur im Moment<br />
wichtiger ist als das Fasten, kann er das dann entscheiden<br />
HEIDER: Im Endeffekt muss jeder selbst für sich entscheiden, ob er fasten kann oder nicht,<br />
das ist völlig richtig. Aber trotzdem sollte man sich als Muslim immer wieder fragen, ob das<br />
jetzt in Ordnung ist, wenn ich in diesem Moment mein Fasten breche oder nicht. So wie ich<br />
von Gelehrten in diesem Zusammenhang gelesen habe, sind Prüfungen eigentlich kein<br />
Grund, sein Fasten zu brechen. Aber im Endeffekt muss es trotzdem jeder für sich selbst<br />
entscheiden. Meistens finden die Abiturprüfungen eher vormittags statt. Wenn ich ein gutes,<br />
ausgewogenes Frühstück zu mir genommen habe, dann dürfte es eigentlich keine großen<br />
Probleme geben. Wenn ja, muss ich abwägen. Wenn ich merke, es geht gar nicht mehr,<br />
wenn ich jetzt nicht etwas zu mir nehme, - was ich nicht glaube, aber das ist eine andere<br />
Frage -, nun, das muss jeder selbst dann abwägen. Die Person, die Abitur macht, ist erwachsen,<br />
d. h., sie weiß selbst, was für sie gut ist und was für sie nicht gut ist. Und wenn sie<br />
das Gefühl hat, ich kann mich in der Prüfung nicht konzentrieren und Gott weiß, dass das so<br />
ist, ja gut, Gott ist allverzeihend, und Gott kennt die Situation und die Umstände bei jeder<br />
einzelnen Person. Das muss dann diese Person mit ihrem eigenen Gewissen vereinbaren.<br />
Wenn ich in einer solchen Situation bin, und Gott weiß das, dann wird er mir das auch verzeihen,<br />
dann wird er das auch so sehen. Wenn ich aber einfach mein Fasten breche, ohne<br />
dafür einen Grund zu haben, dann ist es wieder eine andere Frage. Es kommt ja noch ein<br />
weiterer Faktor hinzu. Ein praktizierender Muslim geht an die Sache anders heran. Es ist für<br />
jemanden, der nicht gläubig ist, vielleicht schwierig nachzuvollziehen, aber es gibt ja noch<br />
den transzendenten Bereich, d.h., ich weiß als gläubiger Muslim, dass es die Unterstützung<br />
von Gott gibt, und das ist für mich natürlich eine sehr, sehr wichtige Sache. Das wird ja immer<br />
außer Acht gelassen, immer nur dieses Körperliche, dieses Materielle wird gesehen. Ich<br />
kann auch von niemandem erwarten, dass er das so sieht, und deshalb sage ich ganz ehrlich,<br />
muss das jeder für sich selbst entscheiden. Ich als gläubiger Muslim, ich würde das Fasten<br />
nicht brechen.<br />
ROSINY: Im Koran wird immer wieder betont, dass es auf das Bemühen, die Absicht ankommt,<br />
aber nicht auf die 100%-ige Vollführung. Im Koran steht: „Gott hat es euch leichter<br />
gemacht“, „Gott ist allverzeihend“. Das haben Muslime früher pragmatischer gehandhabt.<br />
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